„Espresso Black“ von der Kaffeerösterei Burg

Die Traditions-Kaffeerösterei Burg im Hamburger Stadtteil Hoheluft-Ost ist ein Laden, der wie aus der Zeit gefallen ist. Null stylish, schon gar nicht minimalistisch, kein bisschen durchdesignt lichtdurchflutet mit kargem, kühlem Chrom und Glas …

Im Gegenteil: Der Laden strahlt für mich sowas wie kinderfreundliche, heimelige Ofenwärme aus. Er ist schummrig und gestapelt voll mit einer museal anmutenden Mischung aus Blechspielzeug, Kaffee-Porzellan, Schokoladen aus aller Welt, Stövchen, Teedosen, einer alten, großen Blech-Registrierkasse, die tatsächlich noch in Betrieb ist, Handpuppen, Mobiles, Postkarten, alten Kaffeemühlen und Kaffeemaschinen, Keksen, dazwischen hochwertigen Pour Over-Wasserkochern, Edelstahl-Herdkännchen, neuen Espressomaschinen (Ascaso) und … Kaffeebohnen. Diese befinden sich in einer langen Reihe von alten Kaffee-Schütten. Viele der Bohnen sind irgendwie so 70er-Jahre-mäßig aromatisiert. Wie diese ganzen Lucy-in-the-Sky-Schwarztees von damals: Karamell, Erdbeere, Sahne-Toffee, Schoko und so. Dann gibt es auch die hochpreisigen Ikonen-Kaffees wie Hawaii Kona und Jamaika Blue Mountain und – sehr sehr verwerflicherweise – Kopi Luwak. Da möchte ich den zuständigen Menschen gerne schütteln und rufen: „Hallo?!! Das geht gar nicht! Wirklich! NICHT!“ Ein empörter Teil von mir schlägt mir vor, den Laden zu boykottieren. Pfui! (Liebe Leute vom Teehandelskontor Sturm GmbH, dies ist ein Wink mit der Schiffsplanke!) 

Andererseits hat Jens Burg, der langjährige Chef und Röstmeister, der inzwischen wohl in Rente gegangen ist, vor Jahren eine Initiative ins Leben gerufen, die bewirkt hat, dass der gelbe Postkasten auf dem Gehweg, der abgeschafft worden war, zurückkam. Dafür bin ich ihm heute noch dankbar. Außerdem schlägt das Herz meiner inneren Vierjährigen jedesmal sofort um ein Vielfaches höher, wenn ich über die Schwelle geh. Da drin ist es einfach märchenhaft verwunschen und es duftet hinreißend nach leckeren Dingen und überall ist etwas, bei dem meine Augen gerne verweilen und an dem ich schnuppern oder das ich gerne anfassen mag.
Und schlussendlich gibt es neben den ganzen Aroma-Kaffees und den fiesen Schleichkatzenquäler-Bohnen auch richtig guten Espresso dort.

Ja, ich geb’s zu: Ich liebe diesen Laden!

Geröstet wird einmal pro Woche. Meistens sind die Bohnen so frisch, dass sie noch gut 8-10 Tage zum Ausgasen lagern sollten.

Mein Espresso-Favorit von Burg ist der „Espresso Black“ (unten rechts im Bild – die Bohnen sehen auf dem Foto heller aus, als sie sind. Links der „Espresso Dunkel“) . 65% Arabica/35% Robusta-Bohnen aus Brasilien, Kolumbien und Indien.

Ich ziehe diese Mischung dem (von der Deutschen Röstergilde) goldprämierten „Espresso Dunkel“ von Burg vor. Der ist auch lecker – aber der „Black“ ist besonderer.

Beim Öffnen der Packung duftet es rauchig-würzig und, unerwarteterweise, ein bisschen nach Dosen-Thunfisch. Moment mal! Das hatte ich schon mal! Und zwar beim „Xo Fera“ von Kaffeeleben. Vielleicht ist dieses ganz leichte Odeur von Thunfischigkeit etwas, was passiert, wenn es norddeutsche Kaffeeröster röstgradmäßig nach Sizilien zieht … Oder die Bohnen riechen auch auf Sizilien so, wenn sie noch sehr frisch sind – so frisch, wie sie als Importware hier in Deutschland leider so gut wie nie zu kriegen sind …
Geschmacklich bleibt der Thunfisch dann aber zum Glück brav in seiner fest zugeschweißten Dose. Es ist also gar nix davon zu schmecken!

Der „Espresso Black“ ist tatsächlich black, also wahrhaft finster.
Im Geschmacks- und Aromenprofil zeigt er sich ausgesprochen eigen:
Pompös dunkelkaramellig, ein bisschen herb-bärendreck-lakritzig, zart edel-dusterschokoladig. Rauchig. Süß. Klar. Elegant. Und unter der Eleganz aufregend ungebändigt.
Ein toller, mittelleichter, lasziver Nachmittags-Espresso.

Schnurr!

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