„Black Queen“ von der Hollfelder Kaffeemanufaktur

Heute möchte ich euch einen sortenreinen 100% Robusta/Canephora-Espresso aus Uganda vorstellen, von dem ich ausgesprochen angetan und positiv überrascht bin:

„Black Queen“ von der Hollfelder Kaffeemanufaktur in Oberfranken.

Wie immer gilt: Wer gleich zur eigentlichen Verkostung eilen möchte, möge nach unten scrollen bis dorthin, wo ein fettgedrucktes „Verkostung“ zu finden ist.

Für alle anderen habe ich zuvor einiges an Informationen zum Herkunftsland, den Kaffeehändlern und ihren Ansätzen und Projekten, der Rösterei und zur Anbau-Methode zusammengetragen.

Die Grundlage der „Black Queen“ sind sonnengetrocknete („natural aufbereitete“) Robusta-Bohnen der Varietät Nganda aus der Region Masaka in West-Uganda.

Anbauhöhe: 1100-1300m.

Uganda, so habe ich bei der Recherche gelernt, ist der zweitgrößte Kaffee-Exporteur Afrikas.

Das Land führt jährlich rund 225.000 Tonnen Rohkaffee aus, was ungefähr ein Viertel der gesamten ugandischen Exporteinnahmen ausmacht. 80% davon sind Canephora-Varietäten (Robusta) und 20% Arabica.

Zu 90% werden die Kaffees von Kleinbauern angebaut.

Die Robusta-Rohbohnen für die „Black Queen“ werden von „GERUGA coffee“ bezogen, einem kleinen Kaffeehandel mit Sitz im nordhessischen Vellmar bei Kassel, der, so entnehme ich es der GERUGA-Website, Rohkaffees von Kleinbauern im direkten Handel aus Uganda importiert. Dabei werde besonderer Wert auf Transparenz, Fairness und Qualität gelegt.

Einer der Mitarbeiter des dreiköpfigen Teams, Vincent Mulindwa, ist in Uganda geboren und aufgewachsen.

„Auf der Suche nach außergewöhnlichen, hochqualitativen Kaffees“, so lese ich mit Interesse weiter, „sind wir quer durch Uganda gereist und haben viele Kaffeefarmerinnen und Kaffeefarmer kennengelernt und deren Plantagen besucht.

Die meisten beklagen die selben Probleme: Neben den fortschreitenden Klimaveränderungen, sind die lokalen Marktpreise für Kaffee so niedrig, dass viele von dem Kaffeeanbau allein nicht mehr leben können. Sie sind gezwungen, alternative Agraprodukte für den Verkauf mit anzubauen und können dem Kaffee nicht mehr die notwendige Aufmerksamkeit bieten.

GERUGA möchte das ändern und den Farmerinnen und Farmern ermöglichen, ihr oftmals über mehrere Generationen übermitteltes Wissen, mit den Voraussetzungen für Spezialitätenkaffees, zu kombinieren.

Wir bezahlen die Kaffeefarmerinnen und -farmer fair für ihr aufwändiges Handwerk und erhalten dafür ein hochqualitatives Produkt.

Von einem Teil der erzielten Einnahmen, fördern wir neben den Produzenten  auch Projekte in den jeweiligen Regionen, aus  denen wir unsere Kaffees  beziehen.“ (Zitat aus der GERUGA-Website https://www.geruga.de)

Klingt nach einem tollen, unterstützenswerten Direct-Trade-Projekt, vorbei an großen Zwischenhändlern und dubiosen Fairtrade- und Bio-Siegeln.

Besonders wunderbar finde ich, dass der Kaffee nachhaltig in Permakultur in kleinen Bauerngärten, zwischen Bananenstauden, Kakao- und Papayabäumen und anderen Pflanzen, angebaut wird.

Der Begriff Permakultur löst echte Freude in mir aus, weswegen ich ein paar Extra-Zeilen darüber loswerden möchte:

In den 1970er Jahren als nachhaltiges, ökologisches, visionäres Gestaltungskonzept entworfen, hat sich Permakultur inzwischen von einer landwirtschaftlichen Gestaltungsmethode zu einer ökologischen Lebensphilosophie und einer weltweiten Graswurzelbewegung entwickelt, der ich mich von Herzen verbunden fühle.

Die Idee hinter dem Begriff „Permakultur“ ist eine durch und durch ganzheitliche: Mit der Natur im Einklang zu leben anstatt gegen sie (einschließlich dessen, was wir gewöhnlich vom Begriff „Leben“ trennen, und mit „Arbeit“ bezeichnen). Es wird explizit auf Monokulturen und den Einsatz chemisch-synthetischer Pestizide und Düngemittel verzichtet. Die natürliche Artenvielfalt soll durch Ansiedlung und Kultivation unterschiedlicher Pflanzen und Tiere unterstützt und gefördert werden.

An dieser Stelle möchte ich der Tradition meines Blogs weiter folgen, und den Menschen, der die getesteten Bohnen geröstet hat, selbst zu Wort kommen lassen. Voilà:

„Kaffeebohnen direkt vom Bauern, schonend geröstet und fair (auch ohne Siegel) gehandelt. Am wachsenden Kaffeemarkt findet sich diese Philosophie heutzutage nur noch selten wieder. Wir, Sonja Gmünd, Marion Deinlein und Wolfgang Bornschlegel von der Rösterei Garten-Cafe aus Hollfeld im Herzen von Oberfranken, haben dem „Industrie-Kaffee“ den Kampf angesagt und uns für fairen Handel und traditionelles Rösten in der Trommel entschieden.

Es ist die Liebe zum Kaffeetrinken, die uns antrieb, eine eigene, kleine Rösterei zu betreiben. Dabei ging es vor allem darum, den Kaffee dort zu erwerben, wo er seinen Ursprung hat, nämlich direkt bei den Bauern. Ein persönlicher Kontakt nach Afrika, genauer nach Kamerun, diente als Türöffner. Seit der Gründung vor rund 6 Jahren hat sich der Betrieb stetig vergrößert. Unsere Lieferanten kennen die Bauern im Ursprungsland persönlich und tauschen sich regelmäßig mit ihnen aus. Beide haben ein gemeinsames Ziel: direkt gehandelten Kaffee und höchstmögliche Kaffeequalität. Neben dem Onlinegeschäft beliefern wir heute auch Büros, Groß- und Einzelhändler in der Region Oberfranken.“

Herzlichen Dank, Wolfgang Bornschlegel.

Und nun zur Verkostung:

Sämtliche Espressi aus diesen Bohnen wurden in der La Pavoni Professional mit IMS-Duschsieb und – Sieb bezogen.

Die Charge wurden am 18.3.20 geröstet.
Die Bohnen sind leicht dunkelbraun (Röstgrad schätzungsweise Viennese/Light French), farblich Richtung Paranuss.

Duft: Warm-röstig, karamellig, süß.

Erster Bezug am 17. Tag nach dem Röstdatum:

13,7g, Mahlgrad Kinu M47 Phoenix 2’8“2“‘,

93ºC, 3 Schluck out nach Augenmaß.

Wow! Auf Anhieb saulecker!
Sehr weich, den Brustkorb durchwärmend und weit machend.
Vordergründig leicht gedunkeltes Karamell und etwas geröstete Walnuss. Mitschwingend: Sanfte Criollo-Schoko-Noten, flüssige Sahne und ein winziger Hauch von vollreifer, süßer, schwerfruchtiger Mango.
Ein langer, warmer, wunderbar besänftigender Nachklang, sowohl im Gaumen als auch im ganzen Körper.

Nach einer Woche fast täglicher Bezüge, bei leicht variierten Parametern (so weit es eben mit einer Diva möglich ist, von genauen Ausgangswerten zu sprechen):

Vordergründig weiterhin leicht gedunkeltes Karamell und etwas geröstete Walnuss. Hinzu kommen nach wie vor sanfte Criollo-Schoko-Noten und eine wunderbare, milde Sahnigkeit.

Und dann diese changierenden, schillernden Fruchtnoten!
Sie ändern sich interessanterweise von Mal zu Mal, was höchstwahrscheinlich auch abhängig ist von der Brühtemperatur. Anfangs gab es Anklänge von vollreifer Mango, zwischendurch kam mir, bei ca. 94-95ºC, vollreife Birne in den Sinn, und bei noch höherer Brühtemperatur (mein Brühgruppen-Thermometer zeigt zu Beginn des Bezuges 96,8ºC an, was sich während des Bezuges noch steigert) klingt süßer, reifer, roter Apfel durch.

Der lange, warme, besänftigende Nachklang, sowohl im Gaumen als auch im ganzen Körper bleibt bestehen
Bemerkenswert finde ich die thermischen Eigenschaften dieses 100% Robusta: Er kann sowohl wärmen, was sich bei kühleren Außentemperaturen zeigt, als auch sehr sanft kühlen, wenn es draußen eher warm bis heiß ist.

Verkostungen bis zur vierten und fünften Woche nach Röstdatum:
Insgesamt ist bei der „Black Queen“ ein komplexes, deutlich aufgespreiztes Aromenspektrum wahrnehmbar.
Leicht dunkles Karamell und eine Spur von gerösteter Walnuss bleiben im Vordergrund. Sanfte Noten von edlem Criollo-Kakao, dessen leicht malzige Schokoladigkeit eine zurückhaltende und dennoch tragende Hauptrolle inne hat.
Milde Sahnigkeit. Weiterhin etwas an frisches Gras Erinnerndes. Ein lieblicher Hauch von Apfelblüte.
Von den bereits genannten Fruchtnoten ist der süße, reife, rote Apfel insgesamt am häufigsten hervorgetreten.
Jedes Mal ein langer, warmer, besänftigender Nachklang, balancierend zwischen wärmend und kühlend.
(Kirsche, wie im Datenblatt beschrieben, konnte ich hingegen nicht herausschmecken. Sensorische Wahrnehmung ist eben individuell unterschiedlich nuanciert.)
Die Aromen-Schwingungen bewegen sich für mein Empfinden zwischen singend und stumpf.

Ein überaus wohlschmeckender, ungewöhnlicher, komplexer und bekömmlicher Espresso, der obendrein mit gutem ökologischem und sozialem Gewissen getrunken werden kann! Jede einzelne Tasse war für mich etwas ganz Besonderes und ein wirklicher Genuss!

Frau Antje verleiht der „Black Queen“ voller Überzeugung ihre „Tazzina d’Oro“!

 

 

 

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