„Edition Platin“ von Kaffee-Engel

Heute möchte ich euch eine sehr leckere, dunkle Mischung (55% Arabica/45% Robusta) von der Rösterei „Kaffee-Engel“ in Düsseldorf vorstellen:

Die „Edition Platin“.

Es sei angemerkt, dass ich diese Bohnen nicht, wie ich das sonst grundsätzlich tu, selbst gekauft habe. Ihr wisst: Ich nehme keine Gratis-Bohnen von Röstereien oder Kaffeevertrieben an. Doch diese hat mir ein Freund geschenkt, der sie wiederum selbst gekauft hat. Das lass ich mal gelten …

Die Bohnen sind matt-dunkel und haben die Farbe von geöltem Wengeholz.

Warm-röstiger Duft, sehr verlockend.

15,2g, mit eher gröberem Espresso-Mahlgrad gemahlen, 94ºC, Bezug tröpfelt im ersten Drittel und läuft dann in vorbildlich gebündeltem Sirupfluss in die Tasse. Bei ca. 2 1/2 Schluck out, noch vor der Blondingphase (spätestens beim allerersten Anzeichen von Blonding!), stoppe ich den Bezug.

Seriöser, dunkelkaramelliger Antritt, gefolgt von kräftigen, eher unverspielten, herb-weichen Schokoaromen, die mich an guten Forastero-Kakao erinnern. Dann ist da ein feines Zestchen Mandarinenschale mit einem winzigen, warmen, süß-fruchtigen Tropfen Mandarinensaft anbei. Eine zarte, kaum wahrnehmbare Säure-Sternschnuppe, huscht für einen Sekundenbruchteil über das Firmament.

Im nächsten Moment stellt mein sensorischer Spürsinn die Ohren auf. Hey, was ist das?! Etwas Pilziges, ganz leicht Pfeffriges, präsentiert sich auf meiner Zungenspitze und verliert sich alsbald wieder nach hinten Richtung Zungengrund. Eine unerwartete Note, die mich unweigerlich an Pfeffermilchling denken lässt.

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Langstieliger_Pfeffer-Milchling

Als Kinder haben wir gerne mit einer Fingerspitze in die scharfe Milch dieser Täublingsart gestippt und vorsichtig an dem Tropfen geleckt.

Wohlgemerkt: Der Pfeffermilchling ist ungiftig, gilt in unseren Breitengraden jedoch, wegen seiner brennenden Schärfe, als ungenießbar. Wohldosiert einem Mischpilz-Gericht beigegeben, kann er allerdings durchaus für einen zart-spitzen, wachmachenden geschmacklichen Pfiff sorgen.

So ähnlich ist das mit der pilzigen Schärfe in der ‚Edition Platin‘. Sie stört überhaupt nicht, im Gegenteil. Stellt euch bitte keine explizite Schärfe vor, sondern so etwas wie ein flüchtiges, winziges Aufflackern von Pfeffrigkeit. Diese gibt der insgesamt warmen, weichen Mischung eine avantgardistische, sehr kurz aufleuchtende, grell pointierte Überraschungskomponente, die mir ausnehmend gut gefällt.

Der ‚Platin‘ überzeugt des Weiteren mit schönem, geschmeidig-sämigem Körper und samtiger Crema.
Im Abgang ist er sehr angenehm dunkelschoko-warm, rund und langanhaltend.

Chapeau an die Kaffee-Engel nach Düsseldorf!

Hätte ich eine Tazzina d’Argento zu vergeben: Sie wäre hier wohlverdient!  (Eigentlich eine gute Idee!)

„Mr. Pablo“ von Torrcaffè

Bei meinen ersten Versuchen mit dem „Mr. Pablo“ von Torrcaffè dachte ich ja: „Okay, ganz nett, aber er geht schon mit einiger Distanz am Herzen meiner neapolitanischen Espressoseele vorbei. Kein Wunder! Ist ja auch aus Norditalien, genauer gesagt: Bibbione, in der Nähe von Parma.“

Frau Antje hat sich zum Glück getäuscht!

Denn ihre Beziehung zu dem Mitbringsel des gut gelaunten Sombreroträgers wurde besser und besser. Was zum einen daran gelegen haben mag, dass die Bohnen (ca. 80% Arabica/20% Robusta) sich zu ihrem Vorteil entwickelt haben, seit ich die Tüte geöffnet habe. Und sicherlich auch daran, dass ich sie zunehmend besser zu händeln weiß.

Inzwischen bin ich sowas von begeistert von den Bohnen aus der leuchtend gelben Tüte, die übrigens traditionell über Holzfeuer geröstet wurden!

Philipp Wanivenhaus (von Vettore.at), der ihn mir verkauft hat, empfahl mir einen klassischen Bezug mit „etwas mehr im Siebträger“, und meinte, er sei recht dünn im Körper, was er im Abgang und im Nachgeschmack wieder aufhole. Das kann ich so nicht bestätigen. So, wie ich ihn derzeit beziehe, hat er so viel Körper wie ein Bär unmittelbar vor dem Winterschlaf!

Möglicherweise eine Frage der Charge?

Ich bezieh ihn tatsächlich ziemlich tröpfelig und bei 95ºC. Dafür braucht er eine Mühleneinstellung, die deutlich gröber ist als alles, was ich von dunklen Espressobohnen gewohnt bin.

Das 15g Sieb ist so voll, dass der Siebträger samt Puckscreen gerade eben noch eingespannt werden kann (Input: 15,2g).

Wie warmer Akazienhonig vom Löffel läuft er mittelschnell herab und plustert sich dann schokoduftend und körperfüllig in der Tasse.

Das Aromenbukett ist wirklich besonders. Würzig trifft es gut, und ich möchte das Würzigkeitsfeld etwas ausdifferenzieren: Da sind milde, herb-süße, vollmundig-süffige Trinitariokakao-Aromen mit Noten von Pfefferkuchen, von Kastanienwaldboden nach dem Sommerregen, von Kastanienhonig. Eine feine, sehr edel rüberkommende Rauchigkeit. Deutliche Anklänge von dunklem Karamell. Ein Körnchen Meersalz. Toll❣️

Nota bene: Bei etwas niedrigerer Bezugstemperatur (93-94ºC) kommen Noten von Liebstöckel und Holunderrinde, sowie von Wildleder heraus, die ich persönlich nicht unbedingt täglich im Espresso haben muss, auch wenn sie punktuell durchaus spannend sind. Wohingegen auch 96ºC der Mischung gut bekommen, indem sie dazu beitragen die süßen, schokoladigen und karamelligen Röstaromen zu betonen.

Voller Überzeugung verleiht Frau Antje dem „Mr. Pablo“ ihre Tazzina d’Oro! So ein leckerer, dunkler Espresso!

„Amicizia“ vom Bohnendealer

Der Wiener Kaffee- und Espressomaschinenvertrieb „Bohnendealer“ hat seit Neuestem einen herausragend exquisiten, dunklen, echten Neapoletaner im Programm:

Den ‚Amicizia‘ – eine hochwertige Mischung, die sich aus 74% Robusta- und 26% Arabica-Bohnen aus insgesamt 7 Anbaugebieten zusammensetzt: Indien, Uganda, Costa Rica, Kolumbien, El Salvador, Brasilien und Äthiopien.

Eine Italian Roast-Eminenz im allerprunkvollsten Aromen-Ornat!

Bei den tatsächlich in Neapel gerösteten Bohnen handelt es sich um eine sogenannte „Edizione Speciale“, also um eine Sonderedition, die nicht immer erhältlich ist.

„Da von der Bestellung bis zur Anlieferung bei mir und fürs nötige Ausgasen oft einige Wochen vergehen, kann ich nicht immer garantieren, dass sie gerade vorrätig sind“, schreibt Daniel Platzer, der Bohnendealer, dazu.

Er habe, so erzählt er, 7 Jahre gebraucht, um eine gute Lösung mit einer neapoletanischenen Rösterei zu finden. Schließlich sei diese über einen italienischen Kollegen aus der Kaffeebranche zustande gekommen, zu dem sich im Laufe der Jahre eine Freundschaft entwickelt habe. Aufgrund dieser guten zwischenmenschlichen Erfahrungen und als Huldigung an die engen Verbindungen zwischen der österreichischen und der italienischen Kaffeegeschichte, habe er dann den wohlklingenden, bedeutungsschönen Namen gewählt: ‚Amicizia‘ – das italienische Wort für Freundschaft.

Beim Schnuppern an den glänzenden, dunkelbraunen Bohnen und dann beim ersten Schluck erinnert mich der ‚Amicizia‘ mit seiner dunkel-seidigen Geschmeidigkeit zunächst an einen wirklich guten Monsooned Malabar. 

Dann kommen Noten von würzigem Pumpernickel dazu, von flüssiger, frischer Sahne, von süßer Birne, von Buchecker. 

Nein, keine schmeckbare Säure! Eine winzige, herb-aromatische Spur Buchenwalderde scheint durch. Zerlassener brauner Zucker schmiegt sich in viel edlen, samtig-dunklen, geradezu dessertwein-süffigen Arriba-Kakao. Ein kurzes, zartes, bittersüß-zitrusfruchtiges Hereinragen von kandierter Kumquat im Aromen-Mittelfeld. Wunderbar langanhaltender, schokofülliger Aromen-Cluster im Abgang.

In der Körperresonanz zeigt sich eine sahnige Kühle, die zunächst besänftigend und weitend auf den Kehlkopf und die Atemwege wirkt und sich alsdann mit Verzögerung gemäßigt warm und angenehm in Brust und Bauch ausbreitet. Auch das schwingt lange köstlich nach.

Zwischen Woche 4-6 gewinnt die Mischung noch an seidiger Weichheit.

Der ‚Amicizia‘ ist übrigens ausgesprochen anfänger-tauglich in der Zubereitung, da sein Toleranzfenster groß ist, was bedeutet, dass er Zubereitungs-Schwankungen, ohne für Kräuselgesichter zu sorgen, gut wegsteckt: Er schmeckt bei 94-95ºC und verschiedenen Mahlgraden wirklich ausgesprochen lecker.

Natürlich hat er trotzdem einen Sweet Spot, und diesen habe ich bei 94ºC und mittelfeinem Espresso-Mahlgrad gefunden, so dass ich mit 14,2g im 49er-Sieb nach 33 Sekunden einen besonders göttlichen, halbkurzen Ristretto (2 1/2 kleine Schluck) in der Tasse hatte.

Ganz große Klasse!

Frau Antje verleiht hiermit eine zweite, hochverdiente Tazzina d’Oro an den Bohnendealer!

 

Ein Exkurs über napoletanisch-dunkle Espresso-Röstungen

Von Fans hellerer Röstungen hört oder liest man öfter, es sei wichtig, dass der ‚eigentliche‘ Geschmack des Kaffees nicht von Röstaromen überlagert werde.

Bestimmten Leuten ist das also wichtig: Sie mögen ihren Espresso gerne mit deutlich vernehmbaren Säuren und vermehrt säurefruchtigen oder grünen Aromen. Das sei ihnen unbenommen. Es ist absolut okay, napoletanisch-dunkle Röstungen nicht so sehr zu mögen bzw. helle oder mittlere Röstungen zu bevorzugen.
Diese Vorliebe aber zu verallgemeinern und Menschen mit anderem Geschmack als „richtig“ oder „besser“ oder „anspruchsvoller“ überstülpen zu wollen, ist aus meiner Sicht höchst überflüssig, arrogant, dogmatisch – und darüberhinaus unwahr.

Napoletanische Röstungen können wahre Aromen-Feuerwerke sein. Und es gibt viele wirkliche Feinschmecker*innen, die nun mal mehr bei Caffè, wie er in den Bars von Neapel getrunken wird, ins Schwelgen geraten als bei LightRoast-Shots wie sie in den Coffee-Labs von Stockholm oder Berlin zu finden sind.

Natürlich gibt es auch Gourmets, die sich sowohl für helle und mittlere als auch für dunkle bis sehr dunkle Röstungen begeistern können. Ich persönlich z.B. finde hochwertige, helle Röstungen im Hafer-Cappuccino manchmal richtig lecker – als Shot interessieren sie mich nicht besonders. Sie erinnern mich mehr an Kräuter-Früchtetee als an Espresso – und wenn ich nun mal einen Espresso will, ist ein heller Shot nicht das, was mich glücklich macht.

Möge also bitte jeder Mensch ganz unbehelligt genau den Kaffee trinken dürfen, nach dem ihm gerade in dem Moment am meisten gelüstet!

Kommen wir zu den napoletanisch-dunklen Röstungen, denen mein Blog schließlich aus gutem Grund gewidmet ist.

Wer, wie ich, vornehmlich der napoletanischen Röstung huldigt, weiß gerade das Spektrum der Röstaromen, das die vormals in der Kaffeebohne vorhandenen Aromen teils überlagert, teils verändert, teils neu, edel und warm einkleidet, mehr zu schätzen als das, was sich vorher krudfruchtig, kühl und grün präsentierte. So, wie eben manche Menschen lieber Bratkartoffeln essen als rohe oder gedünstete Kartoffeln, und dem ‚ursprünglichen‘ Geschmack der rohen Knolle beim Verzehr keine Träne nachweinen.

(Die beiden obigen Bilder von dem LightRoast-Shot habe ich bei Tim Wendelboe in Oslo aufgenommen. Frau Antje ist durchaus neugierig, auch wenn sie ihre bisherigen Vorlieben und Leidenschaften sehr genau kennt!

Es war übrigens ein sehr weicher, überaus schmackhafter, mild-säuerlicher, aprikosen-marzipaniger Kaffee mit Noten von Assamtee. )

Das Röstaromenspektrum in süditalienischen Röstungen ist, entgegen mancher Behauptung, oftmals sehr komplex. Dabei ist es jedoch wesentlich enger gebündelt als das Spektrum von helleren Röstungen. Doch dazu später.

Lasst uns zunächst mal einen Blick darauf werfen, wie die süditalienischen Espressobohnen traditionell eigentlich geröstet werden und welches Röstbild dabei entsteht.

Was wir sehen, wenn wir eine Tüte mit süditalienisch gerösteten Bohnen öffnen, ist ein sogenannter Italian Roast oder, wenn die Bohnen noch einen Tick dunkler sind, ein Spanish Roast. Was bedeutet das?

Ein ITALIAN ROAST wird bei 245-248 °C geröstet (Man nennt ihn auch: Dark French oder Neapolitan Roast, was allerdings ungenau ist, denn auch der noch dunklere Spanish Roast, der bei etwas längerer Röstzeit und 250ºC entsteht, wird mitunter als Neapolitan oder Dark French Roast bezeichnet). Die Bohnen werden bis in die erste Hälfte des zweiten Knackens (Cracks) hinein geröstet. Alle Zucker, die in den Bohnen enthalten sind, haben sich zu diesem Zeitpunkt bereits karamellisiert.
Die Bohnen weisen ein intensives, kräftiges Dunkelbraun und eine stark glänzende, fettige Oberfläche auf, die dadurch zustande kommt, dass bei den hohen Rösttemperaturen die Zellwände der Bohnen porös werden und vermehrt Kaffeeöle austreten. Es sind ausgeprägte Röstaromen zu schmecken und zu riechen, Säuren hingegen sind nur noch als verschwindender Hauch oder gar nicht mehr spür- und schmeckbar.

250ºC SPANISH ROAST:

Der Röstprozess wird deutlich nach dem zweiten Knacken (Crack) gestoppt. Der Abbau der karamellisierten Zucker hat bereits begonnen. Die Oberfläche der Bohnen ist schwarzbraun und noch immer glänzend. Es dürfen bei einem guten Spanish Roast keine verkohlten Stellen zu sehen und die ausgetretenen Kaffeeöle dürfen noch nicht wieder verschwunden (verbrannt) sein! Beim Spanish Roast ist keine Säure zu schmecken.

(Die genannten Rösttemperaturen sind mit Vorsicht zu genießen und nur als grobe Richtwerte zu betrachten! Jede Kaffeeröstmaschine hat einen eigenen Temperaturverlauf, was damit zusammenhängt, dass die verwendeten Materialien und die zu erhitzenden Massen unterschiedlich sind und die Messsensoren für Bohnentemperatur und Ablufttemperatur sich an unterschiedlichen Stellen befinden. Ein gusseiserner Röster braucht viel länger zum Aufheizen, hält die Temperatur aber auch konstanter. Röstmaschinen, die überwiegend mit Konvektionshitze (Übertragung durch heiße Luft) arbeiten, haben einen anderen Verlauf als Röstmaschinen, die mit Konduktionshitze (Übertragung durch Kontakt mit der heißen Trommel) arbeiten. So viel zusätzliches Insiderwissen am Rande. Herzlichen Dank an den Hobby-Röster Christopher Schmitz für die erhellenden Ergänzungen!)

Eine gute dunkle Röstung nach süditalienischer Art ist nicht verbrannt, sondern meisterhaft dunkel geröstet. Eine Öligkeit der Bohnen ist bei napoletanischen Röstungen normal und richtig.

Napoletanische Röstungen haben nichts Grünes mehr im Geruch und Geschmack – und das soll genau so sein! Manche napoletanische Röstungen weisen noch Spuren von Restsäure auf, die meisten sind jedoch geschmacklich komplett säurefrei. Das ist zum einen für Menschen mit empfindlichem Magen viel bekömmlicher. Und vielen Espressogenießer*innen schmeckt es eben auch
besser als ein Espresso, der deutliche Säuren im Profil hat. So trinken 99% der Menschen in Süditalien ihren Caffè! Wer will ihnen erzählen, das sei ‚falsch‘?!

Man kann bei Röstaromen eine erste, grobe Einteilung vornehmen in: Nussig, karamellig, schokoladig, marmeladig-dörrobstig, würzig, holzig, rauchig, ledrig, mikrobiologisch, tabakig, brotig.

Und damit fängt es erst an!

Denn nussig kann Vieles sein. Es gibt eine Menge verschiedener Nüsse.

Und ich würde durchaus auch manche Samen unter ‚Nussigkeit‘ einsortieren. Nussig kann also nach Paranuss, Walnuss, Pekannuss, Haselnuss, Cashew, Pistazie, Pinien- oder Zedernkern, Macadamia, Mandel, Aprikosenkern, Kürbiskern, Maronen, Sonnenblumenkern, Buchecker …

… nach schwarzem oder hellem Sesam, nach Buchweizen (ein Knöterichgewächs), Leinsamen, Hanfsamen, Erdmandel oder nach Erdnuss (ja, das ist eine Hülsenfrucht) … schmecken.

Karamellig …

… kann dunkelkaramellig, mittelkaramellig, hellkaramellig, nach Fruchtsirup oder Ahornsirup, nach Reismalz oder Gerstenmalz, nach einem der unzähligen Honige, nach Marzipan, Amarettino, braunem Zucker, Melasse, Granatapfeldicksaft (‚Nar‘ – gibt es in türkischen Läden), Birnendicksaft, Agavendicksaft oder nach Popcorn schmecken.

Und jede einzelne Nussigkeit kann mit jeder Form von Karamelligkeit eine – oftmals als krokantig wahrzunehmende – süß-betörende Verbindung eingehen.

Zu Schokoladigkeit sollte man bedenken, dass Kakao zu den aromenreichsten Nahrungsmitteln überhaupt gehört.

Es wird davon ausgegangen, dass Kakao zwischen 300-500 aromatische Verbindungen enthält, also mindestens so viele oder sogar noch mehr als beispielsweise Wein in sich birgt. Und fast so viele wie Kaffee, dem man bekanntlich bis zu 800 verschiedene Aromen zuschreibt.

Wer dunkle Schokolade mit gerne auch mal 100% Kakao-Anteil mag, weiß, dass eine ‚Il 100%‘ von Domori sich geschmacklich sehr anders ausnimmt als eine Åkesson’s ‚Madagascar Ambolikapiky 100% Criollo‘, eine François Pralus ‚Le 100% Criollo‘, eine Bonnat Noir ‚100% Cacao‘, eine Labooko ‚100% Peru‘ oder eine Original Beans ‚Cusco 100%‘. Wobei all die Genannten tolle Schokoladen sind, die ihr wirklich mal probieren solltet, falls das noch nicht geschehen ist.
Kakao ist wahrlich nicht gleich Kakao – es gibt viel zu entdecken. Auch in der sogenannten Schokoladigkeit von Espresso liegt ein Universum an Möglichkeiten verborgen.

Kommen wir zu marmeladig-dörrobstig.

Hier erlaube ich mir, einen Auszug aus einer meiner Espressoverkostungen einzufügen:

„Früchte können halt reif oder unreif sein. In aller Fülle sonnenangereichert oder im Lager blass nachgereift. Explizit sauer, zusammenziehend und durchrüttelnd wie Zitronen – die natürlich auch noch viele andere Aromen in sich bergen – oder wie harte Kiwis oder unreife Stachelbeeren. Mild-säuerlich und fast schon parfümiert wie Litschis. Langweilig schal wie diese roten, leicht säuerlichen Pflaumen, meist aus Spanien, die aromatisch meist unentschieden bleiben und deren saftarmes, dumpfknarzendes Fruchtfleisch in hiesigen Regalen nicht reif wird, sondern tendenziell gleich braun. Säuerlich-sanft aromatisch und zugleich voller schwerer Süße, wie Waldheidelbeeren oder Zwetschgen, die schon fast vom Baum fallen vor Spätsommertrunkenheit. Eingleisig zuckrig wie die perfekt glänzenden Persimonen, denen alles weggezüchtet wurde, was Kakis, die Ursprungsfrüchte, interessant und lecker macht. Oder auf eine warme, umfassende, komplexe, nährende, breite, ausfüllende, tief klingende Weise süß. So, wie eben reife, schon fast matschige, vollaromatische Kakis. Wie richtig guter Kakao, der keinen extra Zucker braucht. Und wie ein wirklich erlesener, meisterlich dunkel gerösteter Espresso.“ Ich möchte noch hinzufügen, dass das Marmeladig-Dörrobstige manchmal sogar etwas ins Likörige geht. Das kann sehr köstlich sein!

Würzigkeit …

… kann bedeuten, dass der Espresso etwas strenge Noten hat, z.B. von Liebstöckel oder Wacholder. Er kann eine pfeffrige Schärfe haben – wobei es ja diverse Sorten von Pfeffer gibt. Oder eher eine Süße wie von Vanille, Gewürznelken, Süßholz oder Zimt mit ihren jeweiligen deutlichen Eigenheiten. Vielleicht hat er auch das Harzig-Süße von Muskatnuss oder das Zartbitterkaramellig-Blumige von Muskatblüte.

Bei holzigen Aromen dürfte klar sein, dass beispielsweise nasses Buchenholz andere aromatische Komponenten in sich birgt als nasse Moor-Birke.

Und nochmal andere als trockene Meereskiefer, als sommerlich-warmes, junges Eichenholz, als ein moosiger Erlen-Baumstumpf, als ein alter Birnbaum oder als Fichtenholz-Sägespäne.

Rauchigkeit …

… kann sich wunderbar in einen Aromenteppich einfügen und ich möchte sie von Aschigkeit abgrenzen, die in meinem Espresso nichts zu suchen hat.

Ledrigkeit …

… hat etwas Animalisches. Auch hier könnten wir uns daran machen, zu differenzieren, wenn wir wollten. So weit geh ich in meinen Verkostungen in der Regel nicht.

Unter mikrobiologisch verstehe ich erdige Aromen. Waldboden.

Kompost- und Stallaromen. Lehm. Ton. Torf. Harz. Butter. Joghurt und Kefir. Miso und Sojasauce, von denen es viele Varianten gibt. Pilze.  …

Und Blütenpollen …

Die Welt der Tabake …

… dürfte ähnlich viel zu entdecken bieten, wie die Welt der Kaffees, der Weine, der Whiskeys oder der Schokoladen. Ich gebe zu, ich kenn mich mit Tabak nicht gut aus. Ich kann einen Virginia nicht von einem Havanna, einem Sumatra oder einem Badischen Geudertheimer unterscheiden – nicht, weil ich die Unterschiede nicht riechen oder schmecken könnte, sondern weil ich nicht wüsste, zu welcher Sorte ich das zuordnen soll, was ich da wahrnehme. Wozu es bei mir reicht, ist blond oder schwarz. Pfeife, Zigarre oder Zigarette. Feucht oder trocken. Und dann kann ich natürlich rumassoziieren, was das Zeug hält und meine Sinneseindrücke mit diesen Assoziationen beschreiben. So Richtung himbeeriger Tabak mit Propolisnoten und etwas Blasentang. Darüberhinaus fehlen mir indessen das Wissen, die Übung und auch das spezielle Interesse für Tabak, weswegen ich es anderen überlasse, sich kundiger über diese Noten im Espesso auszulassen. (Ähnlich geht es mir mit Wein, Bier und Whiskey.) 

Zuguterletzt die Spanne der Möglichkeiten von Brotigkeit …

… Die muss im Land der Brotvielfalt wohl nicht weiter erörtert werden.

All das und noch viel mehr an Aromennuancen und Geschmacksfacetten kann man in napoletanisch-dunklen Röstungen antreffen. Jede gute süditalienisch geröstete Bohnenmischung ist einzigartig, je nach Komposition.

Ei hatte ich oben gar nicht genannt, fällt mir gerade ein. Das ist eigentlich eine weitere Kategorie. Ein Espresso kann an Crème Brûlée erinnern. An Tiramisù. An Zabaione. Oder einfach an hartgekochtes Freiland-Eigelb. …  STOP!!! Nu is ma gut, Frau Antje! 

Ihr seht: Das Thema ist unergründlich und napoletanisch-dunkle Röstungen sind alles andere als anspruchslos in ihrem Aromenbukett. Dieses ist allerdings meistens wenig aufgespreizt. Die einzelnen Aromenkomponenten liegen enger beieinander und sind daher nicht so leicht voneinander zu unterscheiden, wie die einzelnen Aromen von helleren Röstungen. Daher fällt sensorisch ungeübten Menschen zu dunklen Röstungen oft nicht viel mehr ein, als die oben beschriebenen Begriffe aus ihrer Aromen-Grundeinteilung (karamellig, schokoladig, brotig etc.).

So weit, so gut. Lasst uns zum Ende kommen für heute.

Als nächstes könnten wir uns noch die unterschiedlichen Dunkelaromen-Spektren von Arabica- und Robustabohnen vorknöpfen – das kommt dann ein anderes Mal dran. Lasst euch euren Espresso schmecken!

 

 

„Ein Exkurs über napoletanisch-dunkle Espresso-Röstungen“ weiterlesen

„Atena“ von Caffè Partenope

Warm-röstig, paranussig-mandelig, wunderbare, weiche, edle Dunkelkakao-Aromen, Buttertoast und ein Klecks Bitterorangenmarmelade.
Ein langer Orangen-Marzipan-Abgang.
So weit, so gut.

Was ich in Berlin bei ‚Hempvizer‘ erstanden hatte, sich nun in meiner Tasse befand und sogleich von mir verkostet wurde, erinnerte geschmacklich deutlich an das göttliche Espressowunder, was mich im August 2019 in Neapel in der Bar-Pasticceria Luciano Mazzone tagtäglich ereilt hatte:

Neapel | “Bar-Konditorei Luciano Mazzone”

Mit der Konsistenz jedoch hatte ich zuhause bei beiden Packungen sehr zu ringen:

Die Göttin schien zum wiederholten Male ihre prachtvolle Rüstung irgendwo vergessen zu haben, wirkte übernächtigt und zeigte daher enttäuschend wenig Strahl- und Spannkraft.
Der Caffè tröpfelte, war jedoch gleichzeitig allzu schnell am Siebboden zu sehen:
Kraftlos, schlaff und zu wässrig, was mir in der Kombination mit Tröpfeln bisher nicht untergekommen war.
Es war genau genommen auch eher ein missmutiges Tröpfeln, so, als hätten unausgeschlafene, verkaterte Augen jäh in die Mittagssonne hinter einem aufgerissenen Vorhang geblickt und angefangen, zu schmerzen und zu tränen.
Auch die Crema schwächelte, trotz 40% Robusta-Anteil.
Ich tippe auf Temperaturschwankungen während des Transportes und/oder der Lagerung beim Händler, und denke, dass ich diesbezüglich einfach zweimal Pech hatte.

Letztenendes, unter Zuhilfenahme eines verlangsamten Mahlens mit mehr Fines, zeigte ‚Atena‘ sich nach vielem Ausprobieren zumindest halbwegs rekonvaleszent und war geneigt, sich ein wenig vitaler in meine Tasse zu betten.
Richtig überzeugend fand ich die Vorstellung noch nicht, aber immerhin ganz okay.
Ich weiß halt aus Neapel:
Die Göttin lässt alles um sich herum in prunkvollstem Aromen-Glanz erstrahlen und imponiert mit einem unglaublich geschmeidigen, üppigen, kraftstrotzenden Körper, wenn sie gut drauf ist.

Frau Antje wird nicht aufgeben und es einfach mit einer weiteren Packung probieren.

Verehrte, hochehrwürdige Atena, die Einladung ins Espressoverkostungs-Studio steht weiterhin. Komm einfach rum, wenn du dann mal ausgeschlafen bist …

„Vulcan Black“ von Passalacqua

Heute möchte ich euch den köstlichen, sehr robustalastigen ‚Vulcan Black‘ (30% Arabica/70% Robusta) von der renommierten napoletanischen Traditionsrösterei ‚Passalacqua‘ vorstellen.

Die süditalienisch dunkel gerösteten Bohnen sind offensichtlich frisch, matt schimmernd und weisen keinerlei Spuren von Verbrennung auf. Sie duften angenehm nach Holunderholz, Mandel und fast erkaltetem Kamin – oder vielleicht auch Vulkanasche.

Im Mundgefühl überzeugt der schwarze Vulkan mit seiner geschmeidigen Samtigkeit.

Das Schmeckerleben, das dieser wuchtige Espresso zu bieten hat, ist sehr besonders und fernab von jeglicher Lieblichkeit. Süße wirste hier lange suchen – macht aber nichts!

Seine Schokoladigkeit erinnert mich an sprödaromigen, ernsten, soloinstrumentalen Forasterokakao, der bei der Ofentrocknung zwei Sekunden lang Rauch abbekommen hat. In London habe ich mal eine 100%ige dunkle Schokade von Montezuma’s probiert, die ‚Absolute Black‘, welche das bisher Herbste und Schnörkelloseste war, was mir an purem Kakao in Tafelform begegnet ist. Davon hat der ‚Black Vulcan‘ was. Seine Rauchigkeit ist dicht am Brandigen – aber dabei noch wirklich gut. Gerade so, dass der Gaumen nach leisen  Ansätzen von Alarmiertheit dann doch hingebungsvoll ‚okay‘ hauchen kann zu dieser glimmenden, rigiden und letztlich als sicher empfundenen Herausforderung.

Die Belohnung besteht aus Mandelnoten, Holunderholz, einer winzigen, ungemein interessanten Spur von streng-würzigem Liebstöckel, etwas Assamtee, dunkel getoastetem Weißbrot, einem Hauch Muskat – und überaus beglückenden, ganz zarten, leicht überschmeckbaren Obertönen von Mandarinenschale. … Da winkt dann doch noch etwas Süße um die Ecke, ganz am Schluss und so zurückhaltend, dass ich ihr fast ein wenig Rückenstärkung wünschen würde, wenn nicht die Gesamtkomposition in ihrer Knarzigkeit so gewinnend wäre.

Frau Antje ist sehr angetan – empfiehlt diese Mischung jedoch ausschließlich fortgeschrittenen Liebhaber*innen von wirklich kräftigem, rauchigem Espresso alla Napoletana.

Tipp: Bei 94ºC bezogen statt bei 95ºC kommen die Schoko-Mandelnoten deutlich in den Vordergrund und das Rauchige tritt zurück.

Parameter für meine Bezüge:

14,1g Bohnen

Mühle: Titus – Mahlgrad kurz vor 60º, d.h. fein, aber nicht ultrafein

Siebträgermaschine: Strietman CT2 – 94,5ºC, 4 Sek aktive PI

2 1/2 Schluck out in 50 Sek.

 

‚Die Mahlkaiserin‘ – Die Story

Vorweg:

Nein, dies ist keine Rezension! Wirklich nur die ganze, hochemotionale Wahrheit und der neueste Klatsch aus Frau Antjes espressionistischem Liebesleben ….



„Wie das alles anfing mit der Mahlkaiserin und Frau Antje.“

Jemand im Internet präsentierte irgendwann stolz Fotos von seinem glamourösen Mühlen-Neuerwerb.

Frau Antje las Forenbeitrag um Forenbeitrag über die ihr bis dato unbekannte, hochgelobte Schöne, und befand schließlich: „Wenn ich je eine elektrische Mühle will, dann so eine! Eine andere kommt überhaupt nicht in Frage! Und wenn ich noch Ewigkeiten darauf sparen muss!“

Georgette, Frau Antjes quietschrosa Riesensparschwein,

das nach dem Schrottwichteln damals, im Dezember 2007, bei ihr eingezogen war, hatte die energetische Neuausrichtung gespürt und aufgeregt gegrunzt. Sie hatte das vollgefressene, plumpe Rumstehen sowas von satt, und träumte davon, wieder wie ein junges Ferkel herumzutollen und sich so richtig wundervoll einzusauen.

„So eine oder keine“ hieß genau genommen: Frau Antje hatte sich etwas wirklich doll in den Kopf gesetzt. …

Zumal sie dieses Jahr ja 60 geworden ist und das gebührend mit einem Geschenk an sich selbst und an ihre Geschmacksknospen feiern wollte.

Überhaupt sind Frau Antjes Geschmacksknospen letztlich an allem Schuld! Vehement bestehen sie darauf, dass ihnen auch die letzte betörende Dunkelaromen-Nuance im Espresso zugänglich gemacht wird. Wer könnte dafür verantwortlicher sein, als die Kaffeemühle?

Zwischendurch hatte Frau Antje es dann ja noch mit der HG1 probiert: Ihr rechter Arm musste fortan ganz schön ran für das wirklich tolle Mahlgut, das die HG1 produziert.

Eines Tages war es soweit:

Frau Antje fragte ganz unverfänglich beim namhaften Mühlenbauer nach, was denn so ein strombetriebenes Schätzchen aus seinem Hause wohl koste.

“ Aha. Mhmm … Okay. Verstehe.“

Frau Antje schrumpfte vorübergehend ein wenig zusammen und faselte etwas von einem längeren Weilchen, bis sie irgendwann in ferner Zukunft vielleicht mal soweit sei.

Na gut. So ist das eben. Sie beschäftigte sich mit anderen Dingen …

… und mit anderen Dingen …

und mit Espresso sowieso …

Irgendwann, nicht allzu viel später, meldete sich der Mühlenbauer bei Frau Antje:

“ Du, da ist jemand, der seine Mühle privat verkaufen möchte. Ein super Teil! Ist noch kein Jahr her, dass wir die gebaut haben! Optisch ist sie halt ein bisschen exotisch. Kuck mal.“ Es folgte ein Foto. “

“ Ganz in Rot?“ Frau Antjes Herz hüpfte.

„Ja“, sagte der Mühlenbauer. „Komplett mit Titancarbonitrid und SSP beschichtet. Hat so’n paar ganz leichte Gebrauchsspuren. … Ich dachte mir, die würde gut zu deiner Strietman passen . Überleg’s dir mal, vielleicht ist die ja was für dich …“

Frau Antje konnte schon deshalb nicht widerstehen, weil sie sich mit den Worten ‚exotisch‘ und ‚Gebrauchsspuren‘ sofort sehr identifizieren konnte. Außerdem hat der Sparschwein-Inhalt nach etlichen Jahren der Fütterung halt ausgereicht. 

Gerade eben so. Die Göttin des Second-Hand meinte es mal wieder gut mit Frau Antje.

Der Mühlenbauer vermittelte zwischen der Mühlen-Habenwollerin und dem Mühlen-Loswerdwoller.

Georgette quiekte vergnügt.

Da steht die rote Mahlkaiserin nun also in Frau Antjes kleiner Küche. Nobel bis ins Mark.

Doch führen wir uns einmal zu Gemüte, was Ihre Majestät selbst zu dieser Begebenheit zu sagen hat. Hier ein schriftlicher Vorab-Auszug aus dem Radio-Exklusiv-Interview, welches ihr ab kommender Woche in voller Länge unter www.kroneundbohne.haha abrufen und anhören könnt:

*Dezentes, sehr edles Schnurren und Surren* (ein kleines bisschen aufgeregt):

*rrrrrrrrrrrrrrrrrrrwisper …*

„Sind wir schon auf Sendung?“


~ ERKENNUNGSMELODIE ~

„Einen wunderschönen guten Abend, verehrtes Publikum! Hier ist Bohnhelm Schlagmahl mit einer neuen Folge von ‚Krone und Bohne“! Zu Gast bla … … bla bla Ihre Majestät bla blubb schön wie immer bla bla bezaubernd bla bla freue mich, dass Ihr heute hier zu mir ins Studio gekomm …“

*KREISCH!!!!!*

*erstarr* o_O ????????

„STOOOOOOPPP!!!!“

*SCHNAUB!!!*

*Sicherungsbeben*

GRRRRRRRRRRRRRRRRRR!!!!

Ich krieg gleich ’nen KNALL!!! Sofort aufhören mit dem Scheiß, du Röstfehler auf zwei Beinen!!!! Du HAST sie wohl nicht mehr alle?!  STOP!!!!! SOFORT STOP!!!!

*Das blaue Auge blitzt gefährlich*

“ So, junger Mann, zum Mitschreiben:  Auf GAR. KEINEN. FALL. … “ *rrrrrrrrr* “ … will ich auf meine FUCK.KING Noblesse reduziert werden! Auch nicht auf mein Aussehen, kapiert?!“ *rrrrrrrrrrr*“

Ich bin KÜNSTLERIN!!!“ *rrrrrrrrrrrr* „Du hast es hier mit einer Primamahlerina assoluta zu tun!!! In ALLEN großen Häusern der Welt hab ich gemahlen, du Dumpfbohne! *rrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrr*  Mahlett ist mein Leben!!!! … Robustaknacker!!… Romeo und Arabica! … Bohnensee!!! … Ich habe die sterbende Bohne gemahlen!!!!!!! Standing ovations in Milano, in New York, in Paris, in Tokio!!!!!! Weißte nix davon, was???!!! …  Na gut, bist ja noch grün hinter der Kaffeekirsche … Kuckste wohl lieber ‚Deutschland sucht die Superbohne‘ anstelle von Mahlett, was??!l Bloß nicht zu viel Kultur, hab ich recht, Chérie?

*GrrrrrrrROARRRRR !!!!* WO.MIT. hab ich so ne Alukapsel als Reporter verdient?????!!!

Sperr deine Lauscher auf, Zuckerböhnchen: …  Geh. mir. nicht. auf’s. Hy.brid.mahl.werk. mit. diesem. ver.mahl.edeiten Palastgesülze!!!!! ‚Eure Majestät‘ hier und ‚Eure Hoheit‘ da und ’schön wie immer‘ am Arsch!!!!! Da kannste dir deine hässlichen Schuhe mit wichsen!“

Die Kaiserin bekommt hektische Flecken im Dekolleté und fächelt sich Luft zu.

Sie könne NIE!!!, so findet Ihre Durchlaucht allmählich zum allersanftesten Schnurren zurück, NIE!!!!! mit jemandem zusammen sein, der ihre Kunst nicht in allerhöchstem Maße zu goutieren wisse.

*rrrrrrrrrrrrrrrrrrr schnurr*

Und genau deswegen residiere sie jetzt bei Frau Antje.

Nö, sie habe überhaupt nichts gegen eine 34m²-Genossenschaftswohnung. Im Gegenteil! So zu wohnen sei voll ihr Ding. *rrrrrrrrrrrrr*

„Besser als jede Bühne!“

„Jo“, surrt ihre Durchlaucht errötend,

„So isses.

Jetzt ist’s raus.

Frau Antje und ich haben eine Beziehung!“

*rrrrrrrrrrrrr*

„Hättste nich gedacht, was?!

Es ist was Ernstes.

Und Hammer leidenschaftlich, das glaub mal! Frau Antje würde im Traum nicht auf die vermahlene Idee kommen, mich Majestät zu nennen! Die sieht MICH, wie ich wirklich bin! Sensibel nämlich!

Und nu verpiss dich, du Bohrkäfer, sonst hagelt’s ne Ladung Kaffeeschrot!“

*rrrrrrrrrrrrrrr*

(Oh, sorry, das war versehentlich die uneditierte Fassung! …

Uih! Mist! Das gibt Ärger mit der Redaktionsleitung! …… Vielleicht hatte die Kaiserin recht und ich bin wirklich ne Alukapsel mit hässlichen Schuhen  … @.@)

Frau Antje findet, unter uns gesagt, schon auch, dass ihre geniale und hochbegabte Auserwählte atemberaubend gut aussieht.

*seufz*

*zitter vor Verzückung*

*schmelz dahin*

*schwärm*

Achso, ja:

Frau Antjes Mühle ihres Lebens ist tatsächlich eine TITUS.

War ja jetzt schon klar, oder?

Der Weltstar mit Lebenserfahrung ist wie geboren für Frau Antjes Cross-Style-Küche aus Sperrmüll-Funden, Flohmarkt-Trophäen, frühem Ikea, etwas Kitsch, dem 70er-Jahre-Gasherd – und der Strietman CT2. Das Schicksal hat es so gewollt!

Madame Strietman und ‚La Titüs‘ waren übrigens von Anbeginn ein Mahlwerk und eine Seele.

Auf Frau Antjes Espresso-Altar regiert jetzt das vollkommene Glück.

Georgette wälzt sich derweil genüsslich in der Puckschüssel. Sie ist sehr zufrieden mit sich und der Welt.

Geigen.

Vorhang.

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

P.S. 1: Eine angemessene, seriöse Vorstellung der Titus mit technischen Einblicken, Funktionsbeschreibung und v.a. einem Erfahrungsbericht folgt in ein paar Monaten oder so.

Doch etwas kann ich jetzt schon verraten: Ja, der Wechsel in die Ölscheich-Style-Luxus-Liga hat sich gelohnt. Das Titus-Mahlgut bringt gegenüber der HG1 noch mehr üppige, weiche, breite Abgerundetheit ins Espresso-Tässchen, eine noch feinere Aromenklarheit, noch filigranere Bouquet-Nuancen, ein deutlich seidigeres Mundgefühl – und all das, wohlgemerkt, bei dunklen Röstungen.

Alles Weitere später irgendwann.

P.S. 2: Falls jemand sich das beim Lesen gefragt hat: Der HG1 geht es gut. Sie hat sich in einen jungen Mann und seine Diva verliebt und wird in Bälde ausziehen. 

 

 

 

 

‚Caffè del Sole – Nero Bar‘ und ‚Caffè del Sole – Crema‘ von der Rösterei ‚Coffee for Life srl‘

Frau Antje hat wieder einmal ihre Espressogenuss-Fühler nach Bella Napoli ausgestreckt:

Heute möchte ich euch zwei paradiesisch leckere Espressi der Marke ‚Caffè del Sole‘ vorstellen, die in Deutschland erst seit der Pandemie erhältlich sind. Zum Glück! So hat die Krise auch ein wenig ihr Gutes für uns Dunkelespresso-Fans nördlich der Alpen – aber ich greife vor …

Lasst mich zunächst etwas darüber erzählen, wer die Bohnen röstet. Und dann ein bisschen was darüber, warum und auf welchem Wege wir sie jetzt in Deutschland bekommen können.

‚Caffè del Sole‘ ist die Marke einer 2013 gegründeten Rösterei mit dem Namen ‚Coffee for Life srl‘. Diese hat ihren Sitz in Casoria, einer Stadt in Kampanien, die ungefähr so viele Einwohner hat, wie Bayreuth, und Teil des napoletanischen Metropolitanstadt-Flickenteppichs ist. 

Die Rösterei ‚Coffee for Life‘ ist klein. Gerade mal 6 Menschen verdienen in dem Betrieb ihren Lebensunterhalt – als da sind:

Die beiden Inhaber, Sergio Vilone und Daniele Capitelli, beide gelernte Steuerprüfer mit großer Begeisterung für Kaffee, sowie 4 Angestellte.

(Im unteren Bild links: Sergio Vilone, rechts: Daniele Capitelli)

Derzeit werden vier Bar-Mischungen der Marke ‚Caffè del Sole‘ hergestellt:
‚Rosso‘ (in Deutschland ‚Crema‘ genannt), ‚Nero‘, ‚Gold‘ und ‚DEK‘ (entkoffeiniert).

Hier ein kurzer Einblick in den Rösterei-Betrieb:

Durchschnittlich 10 mal pro Arbeitstag wird der Röster befüllt. Pro Rösterfüllung sind das ca. 90kg Kaffeebohnen. 

Abnehmer für die Bohnen sind in normalen Zeiten vor allem lokale Bars.

Ihr könnt euch vorstellen, was der coronabedingte Lockdown in Italien sowohl für die Bar- als auch für die Kaffeerösterei-Betreiber dort bedeutet hat! Alles zu! Wirklich geschlossen! Monatelang …

Und hier kommt nun der 19jährige Berliner Jungunternehmer und Software-Entwickler Nicola Maisto ins Spiel.
Nicolas Großmutter, Maria Palma, betrieb eine Bar in Giugliano in Campania, einer kleinen Stadt, die ebenfalls zur Metropolstadt Neapel gehört, und nicht weit von Casoria entfernt liegt: Die ‚Bar Cante‘. Seit dem Jahr 2000 heißt dieselbe Bar ‚Caffetteria 2000‘ und wird von Nicolas Onkel, Fabio Maisto, und dessen Frau Pina weitergeführt. Fabio Maisto und Sergio Vilone, der Rösterei-Betreiber, sind gute Freunde. Beide mussten durch die Corona-Maßnahmen krasse Umsatzeinbußen verzeichnen.

 

Was mir an Maisto Caffè, neben der zugewandten, warmherzigen Kommunikation, besonders gut gefällt, ist, dass die gelieferten Bohnen jedes Mal wirklich frisch sind. Frische ist ein wesentlicher Anspruch des Familienunternehmens.

https://maisto-caffe.com/

Die Verkostungen:

Für beide verkosteten Mischungen gilt:

Die jeweilige Tüte enthielt satt warm-röstig duftende, makellose, leicht glänzende Bohnen.

Röstgrad: Dark French.

Es waren keinerlei Bruch oder verkohlte Stellen zu finden.

Die Bohnen wurden mit der HG1 gemahlen und alle Espressi habe ich mit der Strietman CT2 zubereitet.

1. Caffè del Sole ‚Crema‘ (Rosso) :

Das erste, was mir zu dieser Mischung aus 52% Robusta- und 48% Arabicabohnen einfällt, ist: „Espresso gewordenes Tiramisù“.

Da ist tatsächlich einen ausgedehnten Moment lang diese betörende Mischung aus Espresso, Eigelb, Mascarpone, Löffelbiskuits, Kakaopulver und Amaretto auf der Zunge – und das, obwohl von den genannten Zutaten ja nur erstere vorhanden ist.

Ein Hauch von Leder kommt mitunter durch, vor allem bei Brühtemperaturen unter 94-95ºC.

Dasselbe gilt für robustatypische Noten von mineralreicher, vulkanischer Weinberg-Erde mit etwas knarziger Holzigkeit anbei. Auch diese treten vor allem bei Bezugstemperaturen um 92-93ºC hervor. Je höher die Brühtemperatur, desto mehr tritt das Erdig-Holzige in den Hintergrund. Bei 95ºC ist es nur noch ein fernes Echo.

Das Aroma von zerlassener Butter zeigte sich bei allen Temperaturen.

Mandel ebenfalls, die ja schon im Amaretto des Tiramisù mitschwingt.

Süße, gelbe Weintrauben.

Dunkler, aromenfülliger, minimal herb-beeriger Edelkakao, der mich an ‚Le 100% Criollo‘ von François Pralus erinnert.

Des weiteren punktet der ‚Crema‘ durch sehr gefälligen, dichtcremigen Schmelz im Mund.

Zuweilen, v.a. bei niedrigerer Brühtemperatur, bekommt dieser Schmelz einen leicht tanninigen Anflug. Bei 95ºC kann dieses minimal Gerbsäurige, Zusammenziehende allerdings nur noch erahnt werden – es ist dann so wundervoll eingebettet in das gesamte buttrige Tiramisù-Bukett, dass es viel eher interessant als störend wirkt.

Der ‚Crema‘ wärmt auf’s Angenehmste Brust- und Bauchraum und entspannt das Herz, ohne jedoch einzulullen. Dafür ist er viel zu  faszinierend in seinen Aromennuancen. 

Eine absolute Meister-Komposition, der ich voller Überzeugung Frau Antjes Tazzina d’Oro verleihe!

 

2. Caffè del Sole ‚Nero Bar‘ :

Diese Mischung aus 70% Robusta und 30% Arabica ist mein erklärter Liebling aus der Caffè del Sole-Reihe!

Ich habe ihn mit 14,1g, deutlich feinem Mahlgrad und 95ºC Brühtemperatur am leckersten gefunden.
Aromenfunkelnd, weit, duftend, kraftvoll, mit sanftem, seidigem, sämigem Mundgefühl.

Er ist in einer geradezu lasziven Weise ganz leicht rauchig. Tiefe, dunkle, ausgesprochen elegante Tabakaromen lassen in mir Fantasiebilder von einem Salon der 1920er Jahre aufsteigen:

Androgyne Nachtgeschöpfe mit Pagenköpfen und Hosenanzügen, oder auch mit Wasserwellenfrisuren, Glockenhüten, Perlenketten bis zum Bauchnabel und fransigen Charleston-Kleidern, die sich katzenartig an Säulen schmiegen oder in Ledersessel gegossen haben, mitsummend, Rauchringe blasend, am White Lady-Cocktail nippend, vielsagende Blicke versendend, engtanzend, während das Grammophon kratzig Bessie Smith spielt, den ‚Empty Bed Blues‘ vielleicht, und Zigaretten auf langen Spitzen glühend im Takt wippen …

Da ist eine betörende Komposition, die mich an herbsüße Paranuss erinnert, an sehr edlen, venezolanischen Criollo-Kakao und ebenfalls, wie beim ‚Crema‘, an zerlassene Butter.

Dazu kommt eine Spur von ganz weichem Eierlikör. Also keinesfalls solcher mit durchdringend stechender Alkoholspitze, sondern seidiger, dunkeldottriger, mild-cremiger Eierlikör, der zu einem Stück Puertofino-Schokolade von Domori gereicht wird (> Die Puertofino MÜSST ihr probieren, wenn ihr dunkle Schokolade mögt!)

Wunderbarerweise blinkt inmitten der rauchig-schokoladigen Nachtschwärze kokett und unverhofft eine winzige Dessertlöffelspitze voller Cherimoya-Aromen auf:

Diese süß-aromatische Melange, die etwas von  reifer Banane, sonnengetränkter Ananas, Hochsommer-Himbeere, Williamsbirne und einem Hauch Zimt hat. Kaum zu erhaschen, wie eine Sternschnuppe, und doch absolut mit-prägend für diesen grandiosen Espresso.

Ja, und er schmeckt tatsächlich auch nach Niederegger Marzipan-Brot, wenn die Bohnen mindestens ca. 3-4 Wochen alt sind.

Wer lieber die erdigeren, holzigeren Robusta-Noten betonen möchte, bevor es zu aphrodisierend wird, sollte auf jeden Fall mit niedrigeren Bezugstemperaturen (92-93ºC) experimentieren!

Auch bei gröberem Mahlgrad zeigt der ‚Nero Bar‘ sich übrigens tadellos und absolut köstlich – er bekommt dann mehr von einer leichteren, süßen, schoko-rauchigen Nachmittags-Klarheit.

Seine fruchtschwärmerische, schillernd-sinnestrunkene, rauchgeschwängerte Mitternachts-Verruchtheit zeigt sich jedoch erst mit zunehmender Dichte durch feineres Mahlen und langsameren Bezug (40-50 Sekunden stehen ihm sowas von hervorragend!).

Der ‚Nero Bar‘ wärmt durch und durch und strotzt dabei vor sinnlicher Eleganz. Er hat mich jedes Mal erneut zurücklehnen, die Augen schließen und genussvolle Seufzer von mir geben lassen.

So ein toller Espresso! Wow!

Frau Antje ist restlos begeistert und verleiht auch dem ‚Nero Bar‘ von Caffè del Sole freudig ihre Tazzina d’Oro!

 

 

 

„Caffè del Professore“ von Moka Termini

Heute verkostet Frau Antje einen besonders strahlenden Fixstern am Firmament der süditalienisch-dunklen Röstungen:

Den berühmten ‚Caffè del Professore‘ von der Rösterei ‚Moka Termini‘ aus Palermo.

Moka Termini wurde 1932 von Nunzio Termini gegründet. 1997 übergab dieser das Unternehmen an seine drei Söhne Pietro, Domenico und Dario, die es, wenn ich mich nicht täusche, noch heute zusammen führen.

Ursprünglich befand sich die kleine Rösterei inmitten der historischen Altstadt von Palermo.
Heute wird auf gut 4000 Quadratmetern in Palermos Industriezone geröstet, verpackt und verladen.

Das Unternehmen „Moka Termini“ produziert insgesamt 7 Espressomischungen: ‚Caffè Monachello‘ , ‚Moka Termini‘, ‚Caffè Tonaca di Monaco‘, ‚Espresso Bar‘, ‚Il Signor Caffè‘, ‚Caffè Moka‘ und den ‚Caffè del Professore‘, der als das Meisterwerk des Firmengründers gilt.

Die hier rezensierte Spitzen-Mischung setzt sich zusammen aus 85% Arabica- und 15% Robusta-Bohnen.

Die Bohnen stammen, so schreibt Rosario Gimmelli (der für den Vertrieb des ‚Caffè del Professore‘ in Kampanien zuständig ist), aus Brasilien, Peru, Äthiopien, der Elfenbeinküste, Kenia und Indien und, „zu einem geringen Teil aus anderen, vorwiegend südamerikanischen und afrikanischen Ländern“.

Besonders bereichert werde der Caffè del Professore
durch eine spezielle, rundliche, kleine Bohnenart namens “
„CARACOLITO“ („Schneckchen“). Diese Schneckchenbohnen, auch Peaberries oder Perlbohnen genannt, wachsen nicht, wie bei Kaffee sonst üblich, paarig in einer Kaffeekirsche heran, sondern einzeln. Es handelt sich um eine Mutation, die dadurch zustande kommt, dass nur einer der beiden Samen in der Kaffeekirsche befruchtet wird, was im Schnitt bei ca. 5% einer Kaffee-Ernte auftritt.

(KaffeeWiki: „Im Handel sind die folgenden Bezeichnungen für die verschiedenen Grössen üblich: very large bean > extra large bean > large bean > bold bean > good bean > medium bean > small bean > peaberry. In Afrika und Indien unterscheidet man fünf Grössen AA > A > B > C < PB (Peaberry). In Mittelamerika heissen die Grössen Superior, Primera, Tercera, Caracol und Caracolito.“ https://www.kaffeewiki.de/wiki/Rohkaffee)

Aufgrund ihrer kugeligen Form sind Peaberries dichter in ihrer Struktur, was die Hitzeleitung beim Rösten begünstigt. Dadurch werden sie gleichmäßiger geröstet als die gewöhnlichen flacheren Bohnen. Das sensorische Profil der Schneckchenbohnen wird als sauber und elegant bei gleichzeitig schwerem Körper, besonders schokoladig, karamellig-süß, zitrusfruchtig, floral und insgesamt intensiv beschrieben.

Womit wir uns der eigentlichen Verkostung schon deutlich annähern.

Verkostung:

Ich habe selten einen dunklen Espresso so fein mahlen müssen, wie den Professore, um ihm das Beste zu entlocken. Sein Sweet Spot ist schmal. Jenseits davon schmeckt er gut, aber nicht sehr besonders. 

Ist er jedoch auf den Punkt eingestellt, bemächtigt sich der Professore virtuos aller Sinne.

Meine Einstellungen:

14,2g, sehr feiner Mahlgrad, 95-96ºC, 2 1/2 Schluck out. Gut 70 Sekunden Bezugszeit für einen Ristretto haben die allerköstlichsten Ergebnisse hervorgebracht! Ja, Siebzig Sekunden!

Alle Espressi für diese Verkostung wurden mit der HG1 gemahlen und mit der Strietman CT2 bezogen.

Die Bohnen und das Mahlgut duften wie dunkelschokoladen-umhüllte Pistazien-Marzipan-Pralinen von Patrick Roger.

Beim Schmecken spreizt der Professore eine grandiose Dunkelaromen-Vielfalt auf, deren üppige Klangbreite und funkelndes Oberton-Feuerwerk ihresgleichen suchen.

Die seidige Sahnigkeit seiner Textur kommt ebenfalls erst mit der Punktlandung im Sweet Spot zu ihrer vollen Geltung.

Tiefdunkles, süßes Sahne-Karamell formt die Basisnote, zusammen mit edlem, warm schmelzendem Criollo-Kakao. 

Die zentrale Herznote erinnert an Erdbeere, ja, tatsächlich, vollreife Erdbeere, die keiner Zuckerbeigabe bedarf, da sie selbst voller aromatischer Sonnensüße ist. Am deutlichsten habe ich das herausgeschmeckt, als zum Schluss noch ein winziges Espresso-Pfützchen in der Tasse übrig war. Es war schon fast eingetrocknet und ich habe mit meinem Finger hineingetupft und ihn dann abgeleckt:

Wow! Erdbeere in Dunkelkaramell! … Oder eher noch: Dunkel karamellisierte Erdbeermarmelade. Der Rest im Marmeladen-Einkochtopf, der fast schon angebrannt ist. Aber eben nur fast, es schmeckt nämlich genau richtig! Wirklich nach Erdbeerkaramell! Und das wird dann umhüllt von alleredelstem Dunkelkakao.

Geröstete Mandel und Pistazie klingen, ebenfalls als warme Herznoten, mit an.

In den Kopfnoten findet sich ein Hauch von Veilchen. Eine klitzekleine Spur von würzigem Waldhonig. Das Ätherisch-Einlullende von Rumrosine – und all das als ganz kurz aufscheinende Sternschnuppe. 

Es ist mir noch nie zuvor in den Sinn gekommen, eine Espresso-Mischung dreimal direkt hintereinander zu bestellen. Beim ‚Professore‘ konnte ich nicht umhin, genau das zu tun. Dieser Espresso flasht mich total! Er ist nicht nur spektakulär lecker und sorgt für ein beeindruckend langes, weichröstig-warmes Echo im Mund, sondern lässt den ganzen Körper langanhaltend in wohliger Zufriedenheit schwelgen. Ich möchte ihn derzeit einfach weiterhin da haben, auch wenn ich zwischendurch gerne andere Bohnen verkoste.

(Achtung, Hamburg-Spoiler:) Gäbe es eine Art Elbphilharmonie* für Espresso-Kompositionen, der Caffè del Professore würde sie fulminant zum Erbeben bringen!  🙂 

*https://de.m.wikipedia.org/wiki/Elbphilharmonie

Bezugs-Adresse in Deutschland:

https://40scudi.de/Caffc-del-Professore-250g-ganze-Bohnen

https://40scudi.de/Caffc-del-Professore-Bohnen-3Kg-Bohnen

Für Bestellungen direkt in Italien könnt ihr euch an Annamaria de Cicco vom ‚Caffè del Professore‘ in Neapel wenden:

annamariadecicco27@gmail.com

https://m.facebook.com/Caffe.del.professore.pzaTriesteeTrento.n.2

https://www.instagram.com/caffedelprofessore.p.t.t.n.2/?igshid=7wee0cd0rhnp

1000 Dank, Annamaria, für all die Informationen, die du mir geschickt hast!

 

 

„Vietnam Dark Revolution“ von Röstkartell

(Ich hatte ihn schon im Dezember getestet, jetzt erst komme ich dazu, diesen Beitrag fertigzustellen)

Der „Vietnam Dark Revolution“ von Röstkartell, bestehend aus 100% vietnamesischen Robusta-Bohnen, wurde ja nun in einschlägigen Kreisen schon oft gelobt – und ich stimme ab sofort mit ein!

Teufel nochmal, ist der lecker!

Balancierter Schmelz im Mund, edler Dunkelkakao, eine für reine Robustas typische, leichte Tanninigkeit, wunderbare, eher trockene Obertöne, die mich an Zedernholz in der Sommerhitze und an Pekannuss erinnern.

Ein verschwindendes Säure-Echo, gaaaanz weit weg und leise, das etwas von frischen Blütenpollen hat.

Mit einer relativ kurzen Präinfusion von 5 Sekunden entwickelt dieser 100% Robusta nochmal mehr Rundheit und Süße  …  Es lohnt sich hier wirklich, mit der Präinfusion zu spielen, was bei dunklen Röstungen nicht so häufig der Fall ist!

14g, Mahlgrad Apollo 7’4“, Siebträger: Strietman CT2,

95ºC,

PI 5 Sekunden,

2 1/2 Schluck out (ich dachte, es sind 3 – aber die Crema hat mich getäuscht).

Warm! warm! warm! im ganzen Körper …

Wow!