„Atena“ von Caffè Partenope

Warm-röstig, paranussig-mandelig, wunderbare, weiche, edle Dunkelkakao-Aromen, Buttertoast und ein Klecks Bitterorangenmarmelade.
Ein langer Orangen-Marzipan-Abgang.
So weit, so gut.

Was ich in Berlin bei ‚Hempvizer‘ erstanden hatte, sich nun in meiner Tasse befand und sogleich von mir verkostet wurde, erinnerte geschmacklich deutlich an das göttliche Espressowunder, was mich im August 2019 in Neapel in der Bar-Pasticceria Luciano Mazzone tagtäglich ereilt hatte:

Neapel | “Bar-Konditorei Luciano Mazzone”

Mit der Konsistenz jedoch hatte ich zuhause bei beiden Packungen sehr zu ringen:

Die Göttin schien zum wiederholten Male ihre prachtvolle Rüstung irgendwo vergessen zu haben, wirkte übernächtigt und zeigte daher enttäuschend wenig Strahl- und Spannkraft.
Der Caffè tröpfelte, war jedoch gleichzeitig allzu schnell am Siebboden zu sehen:
Kraftlos, schlaff und zu wässrig, was mir in der Kombination mit Tröpfeln bisher nicht untergekommen war.
Es war genau genommen auch eher ein missmutiges Tröpfeln, so, als hätten unausgeschlafene, verkaterte Augen jäh in die Mittagssonne hinter einem aufgerissenen Vorhang geblickt und angefangen, zu schmerzen und zu tränen.
Auch die Crema schwächelte, trotz 40% Robusta-Anteil.
Ich tippe auf Temperaturschwankungen während des Transportes und/oder der Lagerung beim Händler, und denke, dass ich diesbezüglich einfach zweimal Pech hatte.

Letztenendes, unter Zuhilfenahme eines verlangsamten Mahlens mit mehr Fines, zeigte ‚Atena‘ sich nach vielem Ausprobieren zumindest halbwegs rekonvaleszent und war geneigt, sich ein wenig vitaler in meine Tasse zu betten.
Richtig überzeugend fand ich die Vorstellung noch nicht, aber immerhin ganz okay.
Ich weiß halt aus Neapel:
Die Göttin lässt alles um sich herum in prunkvollstem Aromen-Glanz erstrahlen und imponiert mit einem unglaublich geschmeidigen, üppigen, kraftstrotzenden Körper, wenn sie gut drauf ist.

Frau Antje wird nicht aufgeben und es einfach mit einer weiteren Packung probieren.

Verehrte, hochehrwürdige Atena, die Einladung ins Espressoverkostungs-Studio steht weiterhin. Komm einfach rum, wenn du dann mal ausgeschlafen bist …

Neapel | „Bar-Konditorei Luciano Mazzone“

Lokale, in denen man guten, dunklen, sämigen Espresso bekommt, muss man in Neapel nicht lange suchen. Dennoch gibt es einige, die als Highlights in einschlägigen Reiseführern empfohlen werden – oft, weil es sich um Traditions-Lokalitäten mit schönem, altem Interieur, uniformierten Kellnern und illustren Gästen im Auf und Ab der Geschichte handelt, in denen auch heute noch viel Wert auf qualitativ höchstwertigen Kaffee gelegt wird. Was in Neapel allerdings die Regel ist.

Dazu gehören:

1. Das „Gran Caffè Gambrinus“ (Via Chiaia 2), wo die ‚Gran Miscela Bar‘ von Caffè Moreno kredenzt wird (ausführlicher beschrieben unter Verkostungen > Caffè Moreno ‚Gran Miscela Bar‘)
2. Die Passalacqua-Bars namens „Mexico“ (dreimal vertreten in Neapel: Piazza Garibaldi, 72 | Piazza Dante, 86 | Via Scarlatti, 69), in denen die superleckeren 100%-Arabica-Blends ‚Moana‘ und ‚Harem‘ ausschließlich am Tresen getrunken werden.
3. „Il Caffè del Professore“ an der Piazza Trieste e Trento, 2, wo es natürlich den allerköstlichsten ‚Caffè del Professore‘ gibt,
4. Die „Bar Augustus“ in der Via Toledo, 147, wo ‚Moana‘ von Passalacqua zubereitet wird.

Das sind die Lokale, in denen ich bisher Gast war. Der Ristretto war űberall top.

(Ferner werden auf einer italienischen Caffè-Feinschmeckerseite noch erwähnt: 

Das“ Cafè do Brasil“ in der Via Luca Giordana, 31

„Centrale del caffè“ in der Via Benedetto Croce, 16

Das „Gran Cafè Ciorfito“ in der Via San Biagio dei Librai, 90/91

Die „Bar Gianni“ in der Via Platania, 6

Das „Gran Caffè La Caffettiera“ an der Piazza dei Martiri, 26

Frau Antje hat noch einiges vor in Neapel – das nächste Mal!) 

Die Bar-Pasticceria „Luciano Mazzone“ jedoch steht, soweit ich weiß, in keinem Reiseführer. Auch in keinem italienischen.

Die kleine Bar und Konditorei befindet sich in der Piazza Pignasecca, 20, in den Quartieri Spagnoli – einer Querverbindung zwischen Via Toledo und Piazza Municipio, wo an allen Tagen, außer Sonntag, bis zum Nachmittag Wochenmarkt-Getűmmel herrscht (Il Mercato della Pignasecca).

Wenn man einen der wenigen Tische vor der Tür ergattern konnte, kann man von dort aus wunderbar dem Einkaufstreiben zuschauen. Ebenso wie den vielen vorbeischlängelnden, knatternden Mopeds, auf denen sich nicht selten bis zu 5-köpfige Familien samt Hund und Geműse-Kisten oder ganzen Wassermelonen stapeln.

Das allerwunderbarste bei Mazzone ist jedoch der Espresso: Hier kommt Caffè Partenope in die Tässchen – fűr Frau Antje war das, trotz vieler richtig toller Espressi an den Tagen zuvor, eine echte Offenbarung! Was dazu geführt hat, dass sie an allen verbleibenden Tagen in der Stadt, in der Caffè Kult ist, mindestens einen Espresso dort getrunken hat – denn Caffè Partenope gab es nirgendwo sonst in Neapel.

Am letzten Tag konnte ich den Chef dazu bringen, mir eine Kilopackung Caffè Partenope „Atena“ aus seinem Bar-Vorrat zu verkaufen, was einiges an Űberredungskunst bedurfte, denn er meinte zunächst hartnäckig, ich solle doch eine der Touristen-Geschenkpackungen mitnehmen, in der sich 250g gemahlener „Atena“ nebst zwei Partenope-Tässchen befanden. Letztendlich ließ er sich zum Glück erweichen.

Die offizielle Verkostung wird demnächst hier zu lesen sein, wenn ich mit meiner Bohnen-Trophäe wieder in Hamburg bin!