„TRE FORZE!“ von Caffè Cultura

 

Einen glutheißen guten Sommermorgen aus Frau Antjes Espressoverkostungs-Studio!

Ich warne euch jetzt schon mal: Dieser Bericht wird lang! Denn ich bin bei den Recherchen auf einen richtigen Krimi gestoßen. Der musste einfach mit rein! Wer nur wissen will  wie mir der Espresso geschmeckt hat, möge bitte nach unten scrollen  🙂

In der vergangenen Woche habe ich einen weiteren Giganten unter den Espressi getestet:

Den „TRE FORZE!“ – für Manche unangefochten an der Spitze des Olymps der dunklen Röstungen, von Vielen zumindest hoch gelobt – aber auch „űberbewertet“ und „zu Unrecht gehypt“ habe ich häufiger im Hinblick auf diese Espresso-Mischung aus Sizilien gehört und gelesen. 

Vom renommierten Brüsseler Institut „International Taste & Quality Institute (iTQi)“ wurde der Tre Forze! in den Jahren 2009 und 2010 mit dem Superior Taste Award ausgezeichnet. Darűberhinaus erhielt er in der Weltauswahl die Goldmedaille für herausragende Qualität. Sowie noch mindestens eine Goldmedaille, verliehen durch die DLG (Deutsche Lebensmittel Gesellschaft). 

Das Unternehmen selbst schreibt auf seiner Website, die es űbrigens in weit űber 50 Sprachen (!) zu lesen gibt: 

„Um die Jahrtausendwende wurde TRE FORZE! Espresso als erster Caffè weltweit über Olivenbaumholz geröstet. Diese traditionelle Form der Röstung hatten wir für TRE FORZE! in optimierter Form wieder zum Leben erweckt.“

Großbuchstaben und knallrotes Ausrufezeichen.

Es ist das gleiche Knallrot mit Signalwirkung, in dem auch die Tűten daherkommen, die die Bohnen in sich bergen.

“ Tre Forze“ heißt zu deutsch: Drei Kräfte.

Auf der eben schon genannten Website ist zu lesen, welche drei Kräfte gemeint sein sollen – nämlich „Kraft“, „Energie“ und „Leben“.

Diese werden symbolisiert durch die drei Beine der sogenannten „Trinacria“, die um das geflűgelte Haupt der Gorgonin Medusa laufen – mitten auf dem goldgerandeten weißen Querbalken, der das Knallrot der Tűte in oben und unten aufteilt.

Die Trinacria ist das Wahrzeichen von Sizilien (und interessanterweise auch der Isle of Man). Natürlich ranken sich unzählige Mythen und Deutungen um das Symbol. 

Das Wort „Trinacria“ stammt vom altgriechischen „trinacrios“, was sich zusammensetzt aus „treis“ (drei) und „àkra“ (Vorsprűnge).

„Trinacria“ ist auch der alte Name der Insel, die heute Sizilien heißt.

Sizilien hat, von oben gesehen, drei Ecken:

Capo Peloro bei Messina im Nordosten, Capo Passero bei Syrakus im Süden, sowie Capo Lilibeo bei Marsala im Westen. 

Im Sűdosten der Insel, bei Catania, soll sich der Sitz der Rösterei des TRE FORZE! befinden.

Vertrieb, Verwaltung und Lizenzvergabe erfolgen hingegen über die CAFFÈ CULTURA GmbH von Deutschland aus: Diese steuert Marketing und Design – und vertreibt neben dem „TRE FORZE!“ auch die Marken „Maria Sole“ und „Mille Soli“. Die Espressosorten, die unter den letztgenannten Labels vermarktet werden, werden laut Angabe űbrigens auch in Catania geröstet. 

Ein bisschen verwirrend, fand ich … 

Frau Antje konnte nicht umhin, Detektivin zu spielen! 

Und hat einigen Stoff für Klatsch und Tratsch aufgespürt, den sie euch keinesfalls vorenthalten möchte:

Was die Lizenzen für die Markennamen „TRE FORZE!“ und „Maria Sole“ betrifft, hat es offenbar jahrelange erbitterte Fehden, Lűgen- und Betrugs-Bezichtigungen und juristisches Gerangel gegeben. Ziemlich undurchschaubar für Außenstehende. Die vorherige Lizenzhalterin Maria Krebs und ihr Mann wurden bis vor kurzem vom Inhaber des in Deutschland ansässigen Unternehmens „Caffè Cultura“ öffentlich als unlauter dargestellt. Inzwischen scheinen sie aus dem Rennen zu sein. D.h. sie mussten offenbar alle Rechte an den Marken „TRE FORZE!“ und „Maria Sole“ an „Caffè Cultura“ abtreten (oder haben diese Rechte noch nie bzw. schon lange nicht mehr besessen, wer steigt da schon durch … ). 

Klickt man http://www.mariasole.de/ an, öffnet sich nun (am 23.7.19) jedenfalls die Website der Marke „Mondial“.  Ah! Kuck an! …

Die Website der Marken „Mariasole“ und „Millesoli“ findet sich nunmehr unter https://mariasole-millesoli.com/.

Die Website von TRE FORZE! kann man erstaunlicherweise ganz simpel unter  https://treforze.com/ finden …

Bis vor kurzem (als ich űber den „Linea Verde“ von Maria Sole recherchierte) , fand sich im Netz noch eine Erklärungsschrift, in der die o.g. Auseinandersetzung in aller epischen Breite zur Darstellung gebracht worden war. Diese ist im WWW mittlerweile nicht mehr auffindbar. 

Zurück zum TRE FORZE! 

Also Marketing und Design haben die schon mal drauf! Knallrot. Ausrufezeichen. Symbolik. Hatte ich erwähnt, dass auch gűldene Olivenzweige auf der Tűte zu sehen sind? Und Caffè Cultura GmbH steht da auch. Direkt unter TRE FORZE!

Macht was her. Wozu kleckern, wenn man auch klotzen kann?! …

Das Unternehmen wurde Anfang der 1990er Jahre von Cevdet Emeç gegrűndet, der sich in Catania mit zwei Röstmeistern zusammentat. Emeç ist … ähm, ja … er ist, wenn ich das richtig verstehe, seit 2011 Geschäftsführer des Unternehmens „Caffè Cultura GmbH“ mit Sitz in Düsseldorf. Diese hieß zuvor auch schonmal „TRE FORZE! Handel GmbH“ und „TRE FORZE! Gastronomie GmbH“ und „K&E Gastronomie GmbH“ und „Maria non vuole GmbH“ und „Maria Sole GmbH“ und „K&S Gastronomie GmbH“ und „Caffè Cultura Sicilia GmbH“. Es gab Liquidationen und Neueintragungen und Löschungen in Serie. Geschäftsfűhrer waren: 

Maria Krebs, Benedikt Krebs, Philip Carty, Antonio Laudani, Vedat Emeç, Cevdet Emeç. Mehrfach hin und her und her und hin. … Und dann hatten die irgendwie Krach. Und die Krebsens waren in den Augen von Emeç und co. die Bösen. Oder so. Zwischendurch waren sogar mal Espresso-Packungen auf dem Markt aufgetaucht, die aussahen, wie die von Maria Sole. Aber mit anderem Namen.

Wer im Internet nachlesen möchte, findet fadenspielartig verschlungene Pfade von einer Firma zur nächsten – und viele Totenkreuze für dahingeschiedene Firmen unter https://www.northdata.de/Emec,+Cevdet,+Düsseldorf/lho. Da kann man dann fast endlos weiterklicken. Das Verwirrspiel nimmt seinen Lauf …

Wir werden es jetzt allerdings nicht weiter verfolgen, sondern wenden uns ENDLICH! (knallrotes Ausrufezeichen) dem Kaffee selbst zu:

Seit 2001 gibt es die Espresso-Mischung, die jetzt den Namen TRE FORZE! trägt. 

Die exakte prozentuale Mischung der Espresso-Bohnen wird vom Unternehmen nicht preisgegeben. Soll aber in etwa 90-95% Arabica und 5-10% Robusta entsprechen. Wie oben bereits zitiert, soll die geheime Mischung den letzten, entscheidenden Kick an Geschmacks- und Aromenvielfalt durch das traditionelle Röstverfahren űber offenem Olivenbaumholz-Feuer erfahren.

Zum Test:

Nach meiner ersten Tasse TRE FORZE! vor einer Woche hatte ich in den Facebook-Gruppen „Espressospezialisten und Kaffeeliebhaber“ und „Kaffeefreunde“ kund getan:

„Habe gerade zum ersten Mal den Star-Espresso „TRE FORZE!“ getrunken. Klar, ein wirklich toller Vertreter der dunklen, sűditalienischen Röstung. Gar keine Frage. Bei mir tritt er gegen den Mago von Barbera an. Und ich muss sagen: Er hält sich ganz gut. Aber in einem Punkt schwächelt er für mich: Ihm fehlt das „Gutwetterwölkchen Orangenmarmelade“, in all seiner durchaus űberzeugenden, cremigen Bitterschokoladigkeit, das den Mago für mich so besonders macht. Da schwingt auch keine andere warme, kandierte oder marmeladierte Frucht mit. Oder sonst eine interessante Eigennote, die sich zeigen darf.

Der „TRE FORZE!“ ist sehr auf seine Schokoladigkeit konzentriert. Narzisstische Schokoladigkeit nenn ich das vorläufig mal. ‚Es darf kein anderes prägendes Aroma neben mir geben!‘ Punktabzug in der ersten Runde!“

Da kam dann unter anderem ein Kommentar, in dem sinngemäß geäußert wurde, der TRE FORZE! schmecke eh nach verbrannten Autoreifen und verbrannten Olivenbäumen. Einen Espresso später hatte ich genau sowas in der Tasse: Er schmeckte nach Holzkohle. Vielleicht sogar nach verbrannten Gummireifen (ich konnte mich bisher zurückhalten, welche zu probieren). Das ist mir dann nochmal passiert – und ich fragte mich: Hm. Hat der schmähende Kommentator tatsächlich Recht? 

Ja, hat er. Aber nur, wenn man den TRE FORZE! űberextrahiert!

Zu fein gemahlen und daher zu lange gebrűht zu werden, verträgt diese Espressomischung gar nicht!

Hätte ich an dieser Stelle aufgegeben und mein Fazit gezogen, hätte der TRE FORZE! ohne Umschweife „La Tazzina di Latta“, das blecherne Tässchen für Espressofrust von mir verliehen bekommen.

Zum Glück habe ich mich jedoch zum Einen an die erste Tasse voller schmelzender Schokoladigkeit erinnert. Und zum Anderen konnte ich nicht glauben, dass diese kurze Spanne zwischen selbstverliebter Schokoladigkeit und Verkohltheit alles gewesen sein soll.

Alsdann wurde die Handműhle gröber gestellt (um zwei Klicks, von 16 auf 18) – und Frau Antje landete punktgenau im Espresso-Nirvana … 

Eins nach dem anderen, Frau Antje! Du neigst heute etwas zur Sprunghaftigkeit!

So, ich nehme 12,4g Bohnen.

Die sehen schön gleichmäßig maronenbraun aus. Unterschiedliche Formen. Kein Bruch.

Samtig-warmer angenehmer Duft.

Mahlgrad 18 Klicks mit meiner Comandante – also nicht zu fein.

Präinfusion 12 Sekunden. BG-Temperatur zu Beginn der Präinfusion 87ºC. Zu Beginn des Bezugs 92ºC. 19 Sekunden Bezugszeit. Es läuft weich und sirupartig.

Schöne, haselnussbraune Crema. Zart-warmer Schokoduft.

Und dann: Wow! Der hat einen Schmelz im Mund, der seinesgleichen nur bei wenigen findet. (Mir fallen da ein: Der „Marrone“ von Blasercafé. Der „Mago“ von Barbera. Der „Linea Verde“ von Maria Sole, der allerdings gleichzeitig spritziger ist.)

Eine Sahnigkeit, die so unglaublich geschmeidig űber Zunge und Gaumen gleitet, dass es einfach nur Wonne verbreitet – und zwar im ganzen Körper! Der TRE FORZE! hat, richtig zubereitet, Wärme und Kűhle zugleich. Das geht durch bis zu den Füßen. Und in die Breite. Schokolade und flűssige Sahne. Allerdings nicht irgendeine Schokolade! Was ich nach der ersten Tasse geschrieben hatte, muss ich revidieren. Es ist keine narzisstische Schokoladigkeit, sondern eine der richtig guten, aromengeselligen, die mannigfaltige Nuancen in sich bergen: Den schon erwähnten Rahm. Gelbe, wirklich sonnengereifte Honigmelone – dieses leicht Bittere, welches alle Gurkengewächse haben, das sich hier saftiger Sonnensűße hingibt. Eine Ahnung von Macadamianuss. Eine Spur dunkler Marmelade – ja! Pflaumenmus! So richtig langgekocht! Dicht und eher schwer und geschmacksbreit als zugespitzt sűß zum aromatischen Konzentrat eingedickt. Da sind tatsächlich Anklänge von Herbheit, von Salzigkeit, von schmeichelnder Säure, von Sűße natürlich auch – und von etwas minimal Zusammenziehendem: Ganz ganz in der Gaumenferne eine Erinnerung an etwas Zart-Rauchiges. Als hätte das Pflaumenmus kurz offen am Lagerfeuer gestanden. Das Röstaroma lässt ganz dezent grüßen und rundet die Komposition erstmal schön ab …
Habt ihr schonmal eine Porcelana-Schokolade gegessen?

Ich hab mich für euch geopfert und mir zur Sicherheit eine Tafel „Piura Porcelana 75%“ von „Original Beans“ gekauft – und rein testweise daran geknabbert. Nebst noch zwei anderen hochwertigen Criollo-Schokoladen. Die Piura Porcelana kommt – wenn man sich den Rohrohrzuckeranteil darin mal wegdenkt – der aromenfűlligen Schokoladigkeit und vor allem auch dem unglaublichen Schmelz des TRE FORZE! sehr nahe.

Am Ende, im Abgang, hallt mir die Rauchigkeit im TRE FORZE! ein wenig, wirklich nur ein winziges bisschen, zu sehr nach. Sehr dezent. Nicht störend – jedoch bringt sie im letzten Nachklang die Gesamtkomposition etwas aus der Balance. Finde ich.

Punktestand zum Mago? Das Gutwetterwölkchen Orangenmarmelade des Mago schwebt unerreicht am Espressohimmel. Der Mago bleibt auch im Nachklang für mich perfekt abgerundet. Er bezieht seine Spur Adstringenz aus der Orangenschale, die er in sich birgt. Was mir letztlich doch lieber ist als ein noch so zurűckhaltendes Odeur von Lagerfeuer.  …  Auch mein zweiter Liebling, der Marrone von Blasercafé bleibt bis zum allerletzten Nachhall durch und durch rund.

Fazit: Der TRE FORZE! ist superlecker. Extrem weich im Mund. Vielfältig. Frau Antje verleiht hiermit die Goldene Untertasse. Fűr die komplette „Tazzina d’Oro“ reicht’s nicht ganz.

Nachtrag zu meinen Krimi-Recherchen (27.5.20):
An einem sonnigen Frühlingstag hatte ich das Vergnügen, ausführlich mit dem Geschäftsführer von Caffe Cultura, Herrn Cevdet Emeç, und dem Head of Sales der Firma, Herrn Engin Olguner, von Bildschirm zu Bildschirm zu plaudern. Es war ungeheuer unterhaltsam und sehr nett. Frau Antje weiß nun ALLES über dreisteste Machenschaften und perfideste Winkelzüge in der Wirtschaftskriminalität, worunter die Caffè Cultura, so wurde mir berichtet, über mehrere Jahre zu leiden gehabt habe. Caffè Cultura sei nichts anderes übrig geblieben, als sich mit allen Kräften und allen zur Verfügung stehenden juristischen Mitteln dagegen zu wehren. Während der Zoom-Konferenz hat Frau Antje ganz oft große Augen bekommen und Bauklötze gestaunt. Es wurde auch herzlich gelacht. Schade fand sie nur, dass sie zwischendurch keinen Espresso serviert bekommen konnte. Daran könnten die Macher des virtuellen Kosmos vielleicht noch feilen.
Fakt scheint jedenfalls zu sein:
Die Caffè Cultura GmbH hat mittlerweile mehrere Gerichtsverfahren (z.B. Unterlassungsverfügungen) gewonnen, unter anderem gegen Benedikt und Maria Krebs, sowie gegen deren Firmen, die zusammen zu deren Firmen- und Privat-Insolvenz geführt haben. Außerdem, so Herr Emeç und Herr Olguner, laufe aktuell gegen die Rösterei „Torrefazione San Francesco SAS (Mondial Caffè)“ und die Kaffeezentrale GmbH noch eine Schadensersatzklage. Der Rösterei Torrefazione San Francesco SAS wurde außerdem, aufgrund ihres, offenbar bis vor kurzem immer noch anhaltenden Beitrages zu dem Krimi, im Februar 2020 der Negativ Award Plagiarius 2020 verliehen.
Klickt man http://www.mariasole.de/ an, öffnet sich weiterhin (am 6.6.2020) die Website www.mondialcaffe.it der Marke “Mondial Caffè”. Das erscheint mir schon sehr unlauter, und es legt nahe, dass die Darstellungen auf der Website www.kaffeemarken-plagiate.com Sinn machen. Ich frage mich, wie es denn sein kann, dass die Marken wohl nachweislich Caffè Cultura gehören, aber eine Domain www.mariasole.de nach so langer Zeit immer noch, für jeden auffindbar, auf den ehemaligen (!) Röster „Torrefazione San Francesco SAS (Mondial Caffè)“ verweist? Was sonst könnte wohl dahinterstecken, als kriminelle, auf Zeit und langsam mahlende gerichtliche Mühlen spielende Dreistigkeit? Nicht schön! Frau Antje wurde von einem ganz kühlen Hauch angeweht. Sie hat sich ein bisschen gegruselt und etwas in ihr wollte wegrennen …
Die Geschichte könnt ihr in aller Ausführlichkeit nachlesen, wenn ihr die folgenden Links anklickt: http://kaffeemarken-plagiate.com und http://kaffeemarken-plagiate.com/plagiarius-award-2020/.

Frau Antje bedankt sich herzlich bei Herrn Emeç und Herrn Olguner. Sie fand das Gespräch sehr spannend und informativ, und ihr Weltbild hat einige rabenschwarze Ausschmückungen bekommen. Hinterher brauchte sie dringend einen  Doppio Ristretto, um ihr Herz aus den Klauen der Finsternis zu erlösen.