Heute möchte ich euch den ‚Napoletano Dok‘ von der Rösterei Kenon vorstellen.
Die napoletanische Traditions-Kaffeerösterei wurde im Jahre 1892 als Familienbetrieb ins Leben gerufen.
1962 gründete der Nachfahre Vittorio Wurzburger, der damals eine renommierte Bar in Neapels Via Nazionale besaß, das Unternehmen „Café Centro Brasil“, von dem Caffè Kenon seither produziert wird.
Mittlerweise wird das Unternehmen in dritter Generation erfolgreich weitergeführt von den Brüdern Walter (Marketing), Giovanni (Verwaltung) und Guglielmo Wurzburger (Produktion).
Ich habe in vielen Bars in Neapel Caffè Kenon getrunken. Allerdings günstigere Mischungen als die hier besprochene, welche, gut zubereitet, wie überall dort, durchaus auch ziemlich lecker sind. … Wobei ich mich in Neapel mehr zu Bars hingezogen fühle, in denen ich ein Tässchen Passalacqua (am liebsten den ‚Moana‘), Atene von Caffè Partenope oder ‚Gran Miscela Bar‘ von Moreno bekommen kann. Aber ich schweife ab …
Von allen Bohnenmischungen die Kenon im Programm hat, ist der ‚Napoletano Dok‘ die wohl hochwertigste, edelste und daher teuerste (dicht gefolgt vom ‚Karamell‘, den ich hier sicherlich auch noch ausführlich rezensieren werde. Von manchen Espresso-Gourmets weiß ich, dass sie den ‚Karamell‘ gegenüber dem ‚Napoletano Dok‘ bevorzugen. Wir werden sehen … ).
Gleich zu Beginn sei gesagt: Von dieser Mischung bin ich wirklich sehr sehr begeistert!
Ca. 10% Robusta werden für den ‚Napoletano Dok‘ angegeben, sowie 90% erlesene Arabicabohnen, die, so die offiziellen Angaben, vorwiegend bzw. vollständig von brasilianischen Plantagen stammen. Café Centro Brasil … Nomen est Omen.
Die, auf typisch napoletanische Art, sehr dunkel gerösteten Bohnen duften warm und verlockend nach fortgeschrittenem Karamell und nachtschwarzer, edler Schokolade.
Es sind etliche verschiedene Bohnen-Größen und -Formen zu erkennen. Die Röstfärbung ist durchgehend gleichmäßig. Bruch befindet sich so gut wie gar nicht in der Tüte.
Das Röstdatum liegt, als ich die Packung öffne, keine 3 Monate zurück. Es dürfte, meinen Überschlagungen zufolge, eher bei 3-4 Wochen liegen. Casa Napoli, die einzige Bezugsquelle für Caffè Kenon in Deutschland, bietet sinnvollerweise 3 Röstdatums-Kategorien, mit entsprechender Bepreisung, an: Weniger als 3 Monate alt, kurz vor Ablauf des MHD und die Zeitspanne dazwischen. Wer wirklich frische Bohnen will, zahlt, sofern diese aktuell vorrätig sind, ein bisschen mehr. Das lohnt sich, wie ich finde, und ist fair.
Die Bohnen, die ich teste, sind also wirklich frisch. Was bei italienischen Röstungen, die es in Deutschland zu kaufen gibt, bekanntlich nicht so oft der Fall ist.
Mühle: HG1
Mahlgrad: Fein (bei meiner Mühle 6’2“)
Maschine: Strietman CT2
14,2g in.
3 Schluck out.
94-95ºC.
(Die beiden rattenscharfen Schnitten, die ihr auf dem Foto seht, sind übrigens die teuersten, wertigsten Gegenstände, die ich mir in meinem ganzen, fast 60jährigen Leben bisher geleistet habe – und ich beabsichtige, mit ihnen alt, sehr alt, zu werden.
Bei nächster Gelegenheit werde ich euch meinen neuen Super-Duper-Luxus-Direkthandhebler und meine neue kosmische Edel-High Society-Handmühle in jeweils einem eigenen Gala-Beitrag vorstellen. Versprochen! So stolz wie ich darauf bin, kann ich gar nicht anders … )
Zurück zum ‚Napoletano Dok‘. Ich habe verschiedene Mahlgrade ausprobiert und das Ergebnis in der Tasse war jedes Mal lecker.
Bei etwas gröberem Mahlgrad und somit leichterer Extraktion kommt eine betörende, elfenhafte Karamelligkeit in den Vordergrund, während ein feinerer Mahlgrad obertonreichen, schwerer klingenden, warm-aromatischen Dunkelschokoladennoten den roten Teppich ausrollt, auf dem sich sodann satte Espresso-Kõrperfülle räkelt. In jedem Fall ist da eine tanzende Süße, die mal karamellig-ätherisch dahinschwebend und mal schokoselig-wohlgerundet wogend daherkommt.
Ich persönlich gebe der schokoladig-wohlgerundeten Ausprägung den Vorzug.
Mit 10% Robusta-Anteil ist der ‚Napoletano Dok‘ bei aller fülligen Sämigkeit, die ihm bei feinerem Mahlgrad entlockt werden kann, natürlich kein gewichtestemmender Crema-Protz, sondern eher ein Feingeist im Samt-Cape.
In dieser feinen Samtigkeit finden sich exquisite, schmelzende, nussig-rahmige Dunkelkakao-Aromen mit leichter, vornehm-zurückhaltender Grapefruitschalen-Note. Insgesamt erinnern sie mich an die gerösteten Oro Verde-Kakaobohnen aus Peru von der österreichischen Schokoladen-Manufaktur Zotter, die einfach köstlich sind.
Zu den Dunkelkakao-Aromen gesellen sich zart-erdige, minimal tannenhonigherbe, etwas rauchig-holzige Noten von ungerösteter, frischer Paranuss. Sowie tiefschwingendes Dunkelkaramell, das jedoch im Hintergrund bleibt.
Im Mund verweilt lange noch ein weicher, edelbitterer Dunkelkakao-Nachgeschmack, während mein ganzer Körper sich ausgiebig tiefer, warmer, sinnesgenährter Zufriedenheit erfreut .
Alles in allem siebter Espresso-Himmel, wirklich!